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Largo: Zückerchen für die Industrie, Brosamen für die Konsumenten

13_05_Lebensmitteldeklaration3Largo, das umfangreiche Verordnungspaket zum Lebensmittelgesetz, ist eine dicke Enttäuschung für die Konsumentinnen und Konsumenten: Die in Aussicht gestellten Verbesserungen sind unter den Tisch gekehrt worden. Selbst die Übernahme des EU-Rechts als übergeordnetes Ziel der Revision wurde in konsumentenfreundlichen Bereichen nicht konsequent durchgezogen.
Das Gesetz liess sich noch ganz leidlich an, obwohl dort auch schon grosse Abstriche aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten gemacht werden mussten: keine Transparenz bei der Kontrolle der Gastronomiebetriebe durch die Lebensmittelinspektoren, keine Möglichkeit für den Bundesrat, die Werbung an Kinder für unausgewogene Lebensmittel einzuschränken, vage Formulierung zu der Herkunftsdeklaration von Rohstoffen. Immerhin wurde im Gesetz – analog der EU-Gesetzgebung – die Deklaration von Nanotechnologie, der Täuschungsschutz bei Kosmetika sowie den generellen Informationsauftrag des Gesetzes aufgenommen.

Mit der heutigen Verabschiedung des Verordnungspaketes zeigt sich jedoch überdeutlich, wie die  Macht der Nahrungsmittelindustrie gewirkt hat: Die Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten wurden fast konsequent aus dem Verordnungsdossier gekippt:

  • Obwohl sogar vom Bundesrat versprochen wurde, dass die Herkunftsdeklaration der Rohstoffe in verarbeiteten Produkten den Konsumentinnen und Konsumenten mehr Transparenz gewähren müsse, hat sich an der bisherigen nicht anwendbaren und undurchsichtigen Vorgabe nichts gebessert. Nur in Ausnahmen erfährt man, woher die Hauptzutaten oder das Fleisch kommen. Diese Einschränkungen sind unverständlich, denn bereits heute deklarieren die Grossverteiler die Herkunft des Fleisches in verarbeiteten Produkten weitgehend.
  • Eine Verschlechterung wurde auch bei der Angabe des Produktionslandes eingeführt. Nun ist es gesetzlich erlaubt, bei verarbeiteten Produkten grosse geographische Gebiete anzugeben, welche den Konsumenten kaum mehr eine brauchbare Information bieten – etwa eine Herkunftsbezeichnung „Schweiz, Europa, Übersee“.
  • Die Deklaration der Nährwertangaben wird zwar obligatorisch, aber auch in diesem Bereich macht der Gesetzgeber der Nahrungsmittelindustrie das Lebens leicht und den Konsumenten schwer: Im Gegensatz zur EU müssen nicht alle 7 wichtigen Nährwerte (Energiegehalt, Fett, Gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker, Eiweiss, Salz) angegeben werden. Zwingend sind nur vier Nährwerte (Energie, Protein, Kohlenhydrate, Fett) plus Salz. Ausgerechnet die Angabe des Zuckergehaltes ist freiwillig – eine unverständliche Entscheidung, da auch die EU die Angabe aller 7 Nährwerte fordert und Zucker einen gewichtigen Beitrag zur Fehlernährung und Übergewicht leistet.
  • Grosszügig ist die Behörde auch bei den Ausnahmen: Bei Käse und kleinen Verpackungen müssen die Nährwerte ebenfalls nicht angegeben werden – obschon es sich um sehr kalorienreiche Lebensmittel handelt.
  • Bei kleinen Verpackungen müssen nicht zwingend alle Angaben auf der Packung aufgeführt werden. Das führt dazu, dass „mit ionisierenden Strahlen behandelt“ zum Beispiel nicht mehr auf Gewürzen aufgedruckt werden muss. Dabei sind es vorwiegend Gewürze und Kräuter, welche mit diesen Strahlen behandelt werden.

Da fällt es schlussendlich wenig ins Gewicht, dass der Nahrungsmittelindustrie zusätzlich noch eine sehr grosszügige Übergangsfrist von vier Jahren gewährt wird, um die Vorschriften im Bereich Transparenz und Deklaration umzusetzen.

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