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Kollektiver Rechtsschutz: Erneut Verzögerungstaktik

Die Rechtskommission des Nationalrates (RK-N) weigert sich, ihre Arbeit anzupacken. Sie tritt unter einem weiteren fadenscheinigen Vorwand erneut nicht auf die Vorlage ein, welche die gesetzliche Grundlage für einen kollektiven Rechtsschutz schaffen soll. Das Parlament hat sich vor 10 Jahren (!) den entsprechenden Auftrag gegeben. Seither wird das Geschäft immer wieder verschoben. Dabei ist die Möglichkeit, dass Geschädigte gemeinsam klagen können, längst überfällig. Ein Missbrauch ist mit dem moderaten Vorschlag ausgeschlossen.

Während vom VW-Konzern getäuschte Autohalterinnen und –halter in vielen Ländern Europas für den Schaden entschädigt wurden, gehen die Schweizer Konsumenten leer aus. Denn bei Massenschäden fehlen in der Schweiz die rechtlichen Voraussetzungen, damit die Betroffenen gemeinsam klagen können. Für Einzelklagen ist der (finanzielle) Aufwand und das Risiko in der Regel zu gross. Die Erfolgschancen sind gegen einen solchen Konzern minimal. Auch die Konsumentenschutz-Organisationen sind mit ihren Klagen gegen VW oder das Inkassounternehmen «Obligo» nicht durchgedrungen.

Bereits die dritte Verzögerung

Nun ist die RK-N erneut nicht auf die Vorlage für einen kollektiven Rechtsschutz eingetreten. Dabei ist die Motion der ehemaligen Konsumentenschutz Präsidentin Prisca Birrer-Heimo schon vor zehn Jahren angenommen worden. Der Konsumentenschutz hat sich zusammen mit der Westschweizer und der Tessiner Konsumentenorganisation FRC und acsi seit Jahren für den kollektiven Rechtsschutz stark gemacht.

Konsumentenschutz-Geschäftsleiterin Sara Stalder ist verärgert: «Die Politik behandelt den kollektiven Rechtsschutz wie eine heisse Kartoffel: Das Parlament hat sich im 2014 den Auftrag gegeben, eine gesetzliche Grundlage für das überfällige Rechtsinstrument zu erarbeiten. Nun wird die Behandlung des Geschäfts mit fadenscheiniger Begründung von einem Jahr aufs andere verschoben. Im Juni 2022 verlangte die vorberatende Rechtskommission des Nationalrats einen Bericht, im Juli 2023 einen weiteren Bericht zum erhaltenen Bericht und in dieser Woche wird die Entscheidung erneut vertagt. Die Kommission verweigert die Arbeit und ignoriert den Auftrag des Parlamentes: Eine skandalöse Verzögerungstaktik!»

Stalder kann auch die Gegenargumente nicht nachvollziehen: «Die Befürchtungen, welche Gegner der Gruppenklage ins Feld führen, sind allesamt vorgeschoben. Die Gesetzesvorlage ist ausgewogen, eine missbräuchliche Handhabung weiterhin nicht möglich. Dass dieses Rechtsinstrument keine Unternehmen zerstört, zeigt die bereits jahrelange Umsetzung in den europäischen Ländern. Zudem stützt es auch diejenigen Unternehmen, welche korrekt und gesetzeskonform arbeiten.»

Der Konsumentenschutz zählt darauf, dass diese Verzögerungstaktik ein Ende findet. Sie fordert, dass die Mehrheit der Kommission ihre Meinung zugunsten der Vorlage und damit der Konsumentinnen und Konsumenten ändert.