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Abgasskandal: Kein Eintreten auf die Verbandsklage

Der Konsumentenschutz hat letztes Jahr am Handelsgericht Zürich gegen den VW-Konzern und die Amag zwei Klagen eingereicht: Einerseits eine Verbandsklage, mit welcher die Widerrechtlichkeit des Vertriebs manipulierter Fahrzeuge nach Schweizer Recht festgestellt werden sollte und des Weiteren eine Schadenersatzklage für rund 6’000 betroffene Autohalter. Das Handelsgericht hat nun einen ersten Entscheid gefällt. Es tritt auf die Verbandsklage nicht ein. Der Konsumentenschutz zieht das Urteil an das Bundesgericht weiter. Auf das parallel laufende Schadenersatzverfahren hat der Entscheid keine Auswirkungen.

Zwei Verfahren hat der Konsumentenschutz letztes Jahr gegen den Volkswagen-Konzern und die Amag ins Rollen gebracht: Eine Schadenersatzklage für rund 6’000 Betroffene des Abgasskandals und eine Verbandsklage.

Gericht tritt auf die Verbandsklage nicht ein

Das Handelsgericht Zürich hat nun im Verbandsklageverfahren einen ersten Entscheid gefällt: Es negiert das Interesse des Konsumentenschutzes, die Widerrechtlichkeit des Vertriebs manipulierter Fahrzeuge feststellen zu lassen. Das Gericht begründet seinen Entscheid hauptsächlich damit, dass die Abgasmanipulationen des Volkswagenkonzerns seit Langem bekannt seien und somit keine Täuschung im Rechtssinne mehr vorliege. Die Feststellung einer Widerrechtlichkeit durch das Gericht könne daher die Beeinträchtigung der betroffenen Fahrzeughalter gar nicht beheben. Deshalb trete es auf die Klage inhaltlich nicht ein.

Ist die Verbandsklage toter Buchstabe?

Hätte das Gericht festgestellt, dass Volkswagen und Amag unlauter gehandelt haben, wäre dies eine sehr gute Grundlage gewesen für die Betroffenen des Abgasskandals. Sie hätten darauf basierend diverse Ansprüche geltend machen können – ob nun im Rahmen der Schadenersatzklage des Konsumentenschutzes oder anderweitig.

Die gesetzlichen Grundlagen für die Verbände, gegen unlauteres Handeln gerichtlich vorzugehen, sind bereits sehr restriktiv ausgestaltet. Seit Inkrafttreten des Gesetzes ist deshalb nur eine einzige Verbandsklage eingereicht worden. Mit dem nun vorliegenden Entscheid im zweiten Fall der Geschichte der Verbandsklage erklärt das Handelsgericht Zürich das lauterkeitsrechtliche Instrument der Verbandsklage nun aber faktisch zum toten Buchstaben. Alexander Amann, Schwärzler Rechtsanwälte, vertritt den Konsumentenschutz vor Gericht: «Folgt man der Argumentation des Handelsgerichts, können Unternehmen oder Personen, die widerrechtlich handeln, die Verbandsklage jederzeit ins Leere laufen lassen: Sie müssen dafür ihre illegalen Tätigkeiten einfach nur einstellen.»

Das Urteil – hat es denn Bestand –  würde folglich dem einzigen prozessualen Mittel des Konsumentenschutzes den Garaus machen. Sara Stalder, Geschäftsleiterin: «Dass sich das Handelsgericht mit einer solchen Begründung einer Entscheidung in der Hauptsache entzieht, ist für uns nicht akzeptabel. Nehmen wir den Entscheid hin, macht er die Konsumenten gegenüber unlauteren Machenschaften von grossen Unternehmen noch wehrloser.»

Der Konsumentenschutz legt deshalb dagegen fristgerecht beim Bundesgericht Beschwerde ein.

Schadenersatzklage ist nicht tangiert

Das Urteil im Verbandsklageprozess hat keine Auswirkungen auf das hängige Schadenersatzverfahren der rund 6’000 Betroffenen, zumal das Handelsgericht Zürich nur wegen des Feststellungsinteresses nicht auf die Klage eintritt. Dies ist im Schadenersatzprozess kein Thema.