Vogelgrippe: Korrekte Deklaration der Freiland-Eier ist fällig
Wegen der Ansteckungsgefahr mit der Vogelgrippe dürfen Hühner in diesem Winter nicht nach draussen auf die Weide. Eier und Eiprodukte sind dennoch mit Freilandhaltung deklariert. Diese an und für sich falsche Deklaration ist während 16 Wochen erlaubt. Ab dieser Woche sollte die Deklaration eigentlich wieder korrekt erfolgen, doch die Massnahmen gegen die Vogelgrippe wurden nun – über die 16-Wochen-Frist hinaus – bis Ende April verlängert. Erstaunlich ist, dass eine Arbeitsgruppe der Branche und dem zuständigen Bundesamt für Lebensmittelsicherheit BLV eine Lösung für eine korrekte Deklaration nicht längst erarbeitet hat. Der Konsumentenschutz fordert nun, dass auch die Konsumentenorganisationen in die Diskussion einbezogen werden.
Nachdem Russland im letzten Jahr die Ukraine angegriffen hatte, zeichneten sich Versorgungsengpässe bei Sonnenblumenöl aus der Ukraine ab. Innert kurzem wurde eine Verordnung verabschiedet, welche erlaubte, in Ausnahmesituationen wie einer Pandemie oder Krieg die Deklarationsvorgaben abzuschwächen. Anders sieht es bei der Vogelgrippe aus, da scheint es offenbar schwieriger, die Konsumentinnen und Konsumenten korrekt zu informieren.
Aufwändige Anpassung der Deklaration
Treten Fälle von Vogelgrippe auf, müssen Hühner im Stall oder in einem abgetrennten Aussenbereich gehalten werden. Es muss vermieden werden, dass sie mit anderen Vögel in Kontakt kommen. So kann eine Ansteckung mit der Vogelgrippe vermieden werden. Während 16 Wochen erlaubt es der Gesetzgeber, Eier und Eiprodukte dennoch als Freiland-Produkte zu verkaufen, auch wenn dies nicht den Tatsachen entspricht. Der Konsumentenschutz hat ein gewisses Verständnis dafür. Denn die Kennzeichnung anzupassen ist aufwändig, vor allem wenn es sich nur um wenige Wochen handelt.
Verlängerung der Vogelgrippe-Massnahmen war absehbar
16 Wochen sind jedoch eine ziemlich lange Zeit. Zudem ist die Situation nicht neu. Die Schweiz musste in den letzten Jahren immer wieder Schutzmassnahmen wegen Vogelgrippe-Fällen ergreifen. Es besteht aber offenbar kein Drehbuch, wie die Deklaration erfolgen soll. Branche, Detailhandel und BLV hätten aber auch in diesem Winter Zeit gehabt, das Vorgehen festzulegen: Die Schutzmassnahmen traten Ende November in Kraft. Bei den zahlreichen Vogelgrippe-Fällen in diesem Winter zeichnete sich bereits seit längerem ab, dass die Massnahmen nicht vor Ablauf der 16 Wochen aufgehoben werden können. Die Massnahmen wurden am 9. März nochmals bis Ende April verlängert.
Eine Nachfrage des Konsumentenschutzes beim BLV vergangene Woche ergab, dass man offenbar erst dabei ist, zusammen mit der Branche eine Lösung zu erarbeiten. Der Konsumentenschutz kritisiert dies aus zwei Gründen:
- Schutzmassnahmen gegen die Vogelgrippe mussten in den letzten Jahren immer wieder ergriffen werden. Eine Lösung für eine rasche Anpassung der Deklaration hätte man vorausschauend längst erarbeiten sollen.
- Es zeichnete sich in diesem Winter seit längerem ab, dass die Hühner auch nach Ablauf der 16 Wochen nicht ins Freie dürfen, weil die Ansteckungsgefahr immer noch sehr hoch ist. Vorausschauend wäre gewesen, die Deklarationsfrage dann zu besprechen und eine Lösung zu beschliessen.
Mitsprache der Konsumentenorganisationen für die langfristige Lösung
Der Produzentenverband Gallo Suisse stellt in Aussicht, dass der Detailhandel diese Woche damit beginnt, in den Läden zu informieren. Er stellt auch eine Information für den Direktverkauf zur Verfügung. Der Konsumentenschutz wird kritisch beobachten, wie die Information erfolgt.
Gemäss BLV ist man im Moment noch in einer Arbeitsgruppe daran, eine Lösung für die Zukunft zu erarbeiten. Der Konsumentenschutz verlangt, dass auch die Konsumentenorganisationen mit einbezogen werden und zu den Vorschlägen Stellung beziehen können.
Tagesanzeiger vom 22. März 2023 (Paywall)
