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Kollektiver Rechtsschutz: Der Gesetzgeber hat es in der Hand

Die gravierende Rechtslücke soll endlich auch in der Schweiz geschlossen werden: der Bundesrat unterbreitet dem Parlament einen neuen Vorschlag, wie der kollektive Rechtsschutz endlich gewährleistet werden kann. Der Konsumentenschutz begrüsst den Vorschlag, denn seine grosse Klage im VW Dieselskandal mit 6’500 Geschädigten wurde im Sommer 2020 vom Bundesgericht abgewiesen mit der Begründung, der Konsumentenschutz sei nicht klageberechtigt.

Mit seinem Urteil hat das Bundesgericht die klaffende Lücke im schweizerischen Rechtssystem deutlich gemacht. Es ist überfällig, dass das Rechtsinstrument des kollektiven Rechtsschutzes auch in der Schweiz eingeführt wird. Die europäischen Länder passen ihre nationalen Gesetzgebungen an, damit in allen Mitgliedstaaten Gruppen von Gleichgeschädigten gemeinsam bis spätestens Mitte 2023 klagen können.

Sara Stalder, Geschäftsleiterin Konsumentenschutz:

«Das Parlament hat bereits Mitte 2014 eingewilligt, dass kollektiver Rechtsschutz auch in der Schweiz ausgebaut werden muss. Der im 2013 von unserer Präsidentin Prisca Birrer-Heimo eingereichter Vorstoss wurde von beiden Räten angenommen. Es ist überfällig, dass das Parlament jetzt Nägel mit Köpfen macht und dieses wichtige Anliegen nicht weiter verzögert.»

«Mit der vorliegenden Vorlage zu kollektivem Rechtsschutz wird eine ausgewogene Lösung präsentiert: die Hürden sind hoch, dass eine Klage eingereicht werden kann und es ist ausgeschlossen, dass es zu amerikanischen Verhältnissen mit überrissenen Schadenersatzzahlungen kommt. Es ist ein pragmatischer Weg, der in die schweizerische Gesetzgebung passt.»

«Kollektiver Rechtsschutz bringt mehr Gerechtigkeit, auch für die Unternehmen: Bislang sind die ehrlichen Unternehmen am kürzeren Hebel. Diejenigen Konzerne, welche sich durch Betrug gegenüber den Konsumentinnen und Konsumenten einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, haben in der Schweiz nichts zu befürchten. Denn es ist ausgeschlossen, dass sich viele Einzelkläger dagegen wehren. Die Schädiger kommen ungeschoren davon.»

«Fehlt die Möglichkeit, als Gruppe gegen einen Konzern zu klagen, ist für den Grossteil der Bevölkerung der Gang vor Gericht ausgeschlossen. Die Kosten und das Risiko für einen Prozess sind enorm. Auch wenn mehrere Tausend Franken Schaden einzuklagen wären, ist unter dem geltenden Recht der Prozessweg für eine Einzelperson ein zu grosses finanzielles Risiko.»