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Wie tief ist tief?

Dicke Buchstaben verkünden: Mehr Kaufkraft für alle! Ein tiefer, einheitlicher Steuersatz bei der Mehrwertsteuer ist im Gesamtinteresse.

Eine halbe Seite gross hat der Wirtschaftsverband “economiesuisse” vergangene Woche dieses Zeitungsinserat geschaltet. Ich lese mit grossem Erstaunen, dass sich economiesuisse stark macht für die “offensichtlichen Vorteile” wie: Private Haushalte haben mehr Geld in der Tasche. oder Davon profitieren alle: Konsumentinnen und Konsumenten, unsere Unternehmen und der öffentliche Sektor.

Ein Hoffnungsschimmer? Die Wirtschaftsseite hat erst vor Kurzem -in der Herbstsession- klargemacht, was sie über die Besserstellung der Konsumenten und Konsumentinnen denkt. Denn die Abstimmungsergebnisse für verbesserten Konsumentenschutz beim Kleingedruckten oder im Internethandel sprechen Klartext: Fortschritte sind nicht erwünscht!

Im Inserat wird von den Vorteilen eines tieferen Steuersatzes gesprochen, der für alle ausschliesslich Gewinne mit sich brächte. Nur frage ich mich: Sollte der Mehrwertsteuersatz aus Sicht von economiesuisse unter 2,4% sinken? In diesem Fall hätten tatsächlich auch die Konsumenten und Konsumentinnen etwas davon, da zur Zeit auf den alltäglichen Gütern wie Lebensmittel oder Alltagsprodukte dieser Steuersatz erhoben wird.

Oder meint economiesuisse mit “tiefem Einheitssteuersatz” 6,1% oder allenfalls 5%, wie vor Monaten von Gastrosuisse vorgeschlagen wurden? Verglichen mit den Nachbarländern wäre dieser Steuersatz in der Tat tief- für die Schweizer Haushalte würde dies aber weniger Geld in der Tasche bedeuten. Was aus dem Inserat einzig klar hervorkommt ist, dass man sofort einen Aufruf unterzeichnen soll, “weil es sich für alle lohnen wird”.

Die Skepsis überwiegt: Das Inserat und auch die angegebene Website verraten mir nicht, welche Prozentzahl der Wirtschaftsverband “tief” benennt. Wenn ich an den Ausgang der Herbstsession denke (siehe oben), bin ich sehr unsicher, ob der -in diesem Inserat aufgeführte- Begriff “faire Mehrwertsteuer” wirklich zum Vorteil der Konsumenten und Konsumentinnen ist. Gesinnungswandlungen innerhalb weniger Wochen sind doch eher die Ausnahme….

Sara Stalder

Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz