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Werbung mit Klimaneutralität ist irreführend

Die Schweizerische Lauterkeitskommission (SLK) heisst zwei Beschwerden des Konsumentenschutzes gut. Die Unternehmen Kübler Heizöl und HIPP werden aufgefordert, auf die Verwendung ihrer Klima-Claims zu verzichten. Für den Konsumentenschutz ist klar: Sollten die Unternehmen ihre Werbeaussagen nicht anpassen, muss das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) im Sinne des Gesetzes gegen die Unternehmen klagen. Gleichzeitig fordert der Konsumentenschutz: Werbeaussagen mit Umweltbezug müssen reguliert werden.

Die zwei Beschlüsse der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK) haben es in sich. Darin ist zu lesen, dass Werbung mit Klimaneutralität unlauter ist. Solange keine definitiven, allgemein akzeptierten Methoden zur Messung der Nachhaltigkeit oder Sicherung ihrer Durchführung vorliegen, darf nicht mit Klimaneutralität geworben werden, so die Begründung. Für Sara Stalder, Geschäftsleiterin des Konsumentenschutzes, stellen die Beschlüsse Präzedenzfälle dar: «Die Lauterkeitskommission bestätigt, dass Werbung mit Klimaneutralität irreführend ist, solange keine einheitliche Regelungen gelten. Werbeclaims wie «klimaneutral», «CO2-neutral» oder «klimapositiv» sind somit trotz Label irreführend.»

Der Ball liegt nun bei den Firmen und dem SECO

Es gilt nun abzuwarten, ob sich Kübler Heizöl und HiPP an die Beschlüsse halten. Sollte dies nicht der Fall sein, ist für den Konsumentenschutz klar, dass das SECO seine gesetzlichen Befugnisse ausschöpfen muss, um gegen die Unternehmen vorzugehen. Gegen beide Unternehmen reichte der Konsumentenschutz nämlich zeitgleich mit den SLK-Eingaben auch beim SECO Beschwerden ein. Diese sind noch hängig. Stalder kommentiert: «Es wäre ein sehr schlechtes Zeichen, wenn die Beschlüsse der Lauterkeitskommission vom SECO ignoriert würden.»

Das Grundproblem: Fehlende Regulierung

Gesetzliche Vorgaben dazu, wie umweltbezogene Werbeaussagen über Produkte oder Dienstleistungen begründet und belegt werden müssen, fehlen in der Schweiz. Solange unklar ist, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein Produkt oder eine Dienstleistung als «CO2-neutral», «klimaneutral», «nachhaltig», usw. bezeichnet werden darf, sind solche Green Claims aus Sicht des Konsumentenschutzes unlauter. Denn es handelt sich um Werbeaussagen, deren Wahrheitsgehalt nicht überprüft werden kann. Ohne Gesetze zu Nachhaltigkeitskriterien und –nachweisen für Unternehmen besteht Rechtsunsicherheit. Darunter leiden Unternehmen, die ihren negativen Einfluss auf die Umwelt möglichst gering halten möchten, denn sie haben keine Möglichkeit, ihre Bemühungen seriös zu messen und in der Werbung zu verwenden. Die Schweiz braucht einen anerkannten Standard für Unternehmensnachhaltigkeit.

Europa geht voraus. Zieht die Schweiz mit?

Ausser im Bereich der Finanzdienstleistungen, zeigt der Bundesrat indes wenig Interesse, eine Regulierung bezüglich «Green Claims» voranzutreiben, wie die Beantwortung von zwei Vorstössen im Parlament zeigt. Im Gegensatz zur Schweiz macht die Euopäische Union vorwärts. Der Rat und das Parlament haben sich kürzlich auf die Stärkung der Konsumentenrechte geeinigt: In Zukunft sollen Nachhaltigkeitssiegel zertifiziert und Kompensationsprogramme überprüfbar werden. Die Schweiz muss sich daran ein Beispiel nehmen und der Flut von nichtssagenden, aber täuschenden Claims Einhalt gebieten. Für Sara Stalder ist klar: «Es gibt keinen Grund, warum die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten vor irreführenden Umweltversprechen weniger gut geschützt sein sollen als die europäischen. Der Gesetzgeber muss endlich handeln.»

Konsumentenschutz reichte elf Lauterkeitsbeschwerden ein

Immer mehr Produkte und Dienstleistungen werden mit «grünen» Aussagen beworben. Die inflationäre Verbreitung von Aussagen über die Klimawirksamkeit von Produkten und Dienstleistungen ist problematisch. Aus diesem Grund reichte der Konsumentenschutz elf Beschwerden gegen Werbeaussagen von acht Unternehmen ein, wovon nun noch neun Fälle hängig sind.

Beschlüsse der Lauterkeitkeitskommission