Fragen zu Konsum oder Recht? Hier finden Sie über 400 Antworten

Verstehen Sie Kauderwelsch?

Zugegeben, es kostet mich immer eine gewisse Überwindung, wenn ich den Ablauf eines mir unbekannten Spiels verstehen soll. Doch jedes Mal bewundere ich wenig später das Autorenteam, welches es schaffte, auch verzwickte Spielvorgänge nachvollziehbar zu beschreiben.

Mit der jüngsten “Spielanleitung”, die mir in die Hände kam, beisse ich mir die Zähne aus.

Denn da steht zum Beispiel:

Die Systemprovision wird nach dem so genannten binären System berechnet. Binär bedeutet, dass hinter jeder Position jeweils 2 weitere Positionen gesetzt werden. Wir bezeichnen dies als: oben und unten. Nach diesem Prinzip reihen sich die Positionen aus Ihren Einkäufen und die Positionen aus Anzahlungen in Ihrem Verrechnungssystem ein. Wobei Sie bestimmen können, auf welchem freien Platz Sie Ihre neuen Positionen in Ihrem persönlichen Verrechnungssystem setzen wollen.

Insgesamt acht Seiten – dicht und klein beschrieben – lang ist diese Anleitung. Mein Kopf  brummt bereits nach den ersten Absätzen: Schon verstehe ich wieder nicht, auf welchen oberen oder unteren freien Platz ich die Position in meinem Verrechnungssystem setzen soll, damit ich gewinnen kann. Verständlich, dass ich nach mehrmaligem Lesen an meiner Auffassungsgabe zweifle. Doch es ist tröstlich: Für Begriffstutzige wie mich gibt es extra Schulungsabende, in welchen mit aufwändigen Präsentationen die verwirrende Materie verständlich (?) erläutert wird. Lyoness heisst das “Spiel”, welches “bei jedem Einkauf Rabatte verspricht” und sich gut mit dem Spiel “Bau dir dein Kartenhaus” vergleichen lässt:
Das sind Anzahlungen auf zukünftige Einkäufe, also die Handelsspanne vorab, die die Möglichkeit bieten, geplante zukünftige Einkäufe zu erwirtschaften sowie weitere Vergütungen zu generieren. Eine Rückerstattung der Anzahlung ist nicht möglich, da entstandene Handelsspannen verrechnet und vergütet wurden. Der Kunde hat jedoch bis zum Zeitpunkt der Positons-Erwirtschaftung (Einkaufsgutschrift) in der jeweiligen Wirtschaftskategorie die Möglichkeit jederzeit seine Anzahlungen aufzuzahlen (…). Durch die Aufzahlung nach dem jeweiligen Handelsspannencode des gewünschten Vertragshändlers, wird die Anzahlung zu einer Vollzahlung und der Kunde erhält den vollständigen Betrag in Form von Gutscheinen des Vertragshändlers (Anzahlung + Aufzahlung = Gutscheinwert). Ist dies der Fall und die Position (entstanden durch Anzahlung) ändert daher ihren Status auf Vollzahlung bedeutet dies in weiterer Folge das nach Erreichung der Positions-Erwirtschaftung in der jeweiligen Wirtschaftskategorie die jeweilige Vergütung (Kaufrückvergütung) abzüglich der ursprünglich getätigten Anzahlung ausbezahlt wird.

Ich wage eine Übersetzung dieses Kauderwelschs: “Seien Sie jederzeit gewappnet, denn ein Kartenhaus hat die Eigenheit, dass es von einem Moment auf den anderen einstürzen kann. Damit müssen Sie rechnen und für diesen Schaden wird keine Garantie übernommen.”

Mag sein, dass ich etwas grosszügig interpretiert habe. Doch ich halte es auch hier wie gewohnt: Verstehe ich eine Spielanleitung nicht innerhalb einer vernünftigen Frist, verbanne ich das Spiel in die hinterste Ecke des Spielschranks und entsorge es ungebraucht nach einer gewissen Zeit.

Damit bin ich bisher nicht schlecht gefahren. Haben Sie andere Erfahrungen?

Sara Stalder

Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz