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Strommangellage: Kontingente statt beliebige viele Einzelmassnahmen!

Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen zur Bekämpfung einer Strommangellage schiessen übers Ziel hinaus: Die vielen Detailverbote mit minimen Sparpotential sind weder verhältnismässig noch können sie durchgesetzt und kontrolliert werden. Der Konsumentenschutz fordert stattdessen ein Systemwechsel hin zu einem einfachen Kontingentsystem, in dem die Konsumentinnen selbst über die Verwendung ihres Stroms bestimmen können.

 

Im Falle einer Strommangellage sollen die Konsumentinnen nicht mehr über 40 Grad Wäsche waschen, Gefriermöbel nicht auf weniger als minus 19 Grad einstellen und Eismaschinen nicht mehr als vier Stunden pro Tag in Betrieb nehmen…. Diese und viele andere Vorschriften hat der Bundesrat in die Vernehmlassung geschickt, um bei einer drohenden Strommangellage die Energieversorgung sicherzustellen. Der Konsumentenschutz lehnt in seiner Stellungnahme die vorgeschlagenen Massnahmen ab und fordert vom Bundesrat die Überarbeitung der Verordnung.

Grosser Kontrollaufwand für kleines Sparpotential

Die Kantone sollen die Verwendungsbeschränkungen kontrollieren und durchsetzen. Wie genau dies geschehen soll, bleibt offen. Gleichzeitig darf bei vielen Massnahmen das Sparpotential bezweifelt werden. Sara Stalder, Geschäftsleiterin des Konsumentenschutzes, führt aus: «Es gibt kaum derart viele Tassenwärmer im Land, dass diese auf den gesamten Stromverbrauch einen Einfluss haben.» Ein Problem sind auch Rebound-Effekte, also wenn die Menschen die eingesparte Energie einfach anderweitig verbrauchen. Stalder erklärt: «Wenn die Menschen statt im Tassenwärmer ihre Tassen mit heissem Wasser wärmen, haben wir dem Energiesparen einen Bärendienst geleistet.»

Kontingentsystem als Alternative

Statt jede einzelne Anwendung zu regulieren, soll darum bei einer Strommangellage ein Kontingentsystem eingeführt werden. Der Bundesrat würde den verfügbaren Strom auf die Bevölkerung aufteilen und somit jedem Haushalt eine bestimmte Menge Strom pro Zeitperiode zuteilen. In einem solchen System können die Haushalte selbst bestimmen, wo sie ihren Stromverbrauch drosseln und wie sie den ihnen zustehenden Strom nutzen wollen. Stalder betont: «Die Konsumentinnen können mit Hilfe des Stromzählers dann selbst überwachen, wie viel Strom sie noch brauchen können. Bei einem Überschreiten des Kontingents gäbe es konsequenterweise höhere Strompreise zu verkraften.»

Basistarif 500 als Systemwandel

Der Konsumentenschutz hat bereits im September 2022 die Umsetzung dieses Kontingentsystems gefordert: Jede Person soll im «Basistarif 500» bis 500 kWh Strom pro Jahr beziehen können, dessen Preis sich an den Gestehungskosten der Schweizer Stromproduktion orientiert. Die Vorteile sind für Stalder offensichtlich: «Ein klares Kontingentsystem fördert die Eigenverantwortung der Konsumentinnen.»

Sparvereinbarungen mit grossen Stromverbrauchern

Ein viel höheres Sparpotential haben darüber hinaus Sparvereinbarungen mit Grossverbrauchern. Der Ständerat hat solche bereits in die Revision des Stromversorgungsgesetzes aufgenommen. Ein solches Vorgehen wird auch von Seiten der Wirtschaft sehr begrüsst (siehe auch Motion Gutjahr 22.3990). Stalder zeigt sich darum erstaunt: «Es ist unerklärlich, weshalb der Bundesrat nicht mehr auf Sparvereinbarungen mit Unternehmen setzt und stattdessen den Konsumentinnen Detailvorschriften machen möchte.»