Streit um Roaming-Limiten geht weiter: Telekom-Anbieter lehnen Branchenvereinbarung ab
Seit 1. Juli 2021, rechtzeitig vor den Sommerferien, sind alle Telekom-Anbieter rechtlich verpflichtet, ihre Kunden mittels Ausgabenlimiten vor hohen Roaming-Rechnungen zu schützen. Einige Anbieter weigern sich jedoch, einen angemessenen Schutz vor «Rechnungsschocks» nach Auslandaufenthalten einzuführen. Einen Vermittlungsvorschlag des Konsumentenschutzes lehnt die Branche ab. Unter Zugzwang kommen nun insbesondere Salt und Sunrise – deren Roaming-Limiten erachtet der Konsumentenschutz als klar ungenügend.
Rechtzeitig für die kommenden Sommerferien sollten alle Kundinnen und Kunden durch eine Ausgabenlimite bei der Handynutzung im Ausland vor hohen Roaming-Rechnungen geschützt sein. Doch die Telekom-Anbieter stellen sich quer: Sie legen die neuen Bestimmungen, die seit 1. Juli 2021 in Kraft sind, so aus, dass nicht die Kunden, sondern die Telekom-Anbieter selber die Ausgabenlimite setzen. Der Konsumentenschutz ist der Ansicht, dass es der Kunde sein muss, der die Limite festlegt, war aber offen für eine pragmatische Lösung: «Wenn die Telekom-Anbieter die Ausgabenlimite selber setzen, dann so, dass die Kunden auch tatsächlich vor hohen Roaming-Rechnungen geschützt sind» sagt André Bähler, Leiter Politik und Wirtschaft. Der Konsumentenschutz schlug deshalb den Telekom-Anbietern vor, eine Branchenvereinbarung mit voreingestellten Limiten (Standardlimiten) von 100 Franken für Erwachsene und 50 Franken für Jugendliche abzuschliessen. Die Telekom-Anbieter lehnen dies nun aber mit der Begründung ab, dass auch in diesem Bereich der Wettbewerb spielen solle. Davon merkt man beim Konsumentenschutz derzeit allerdings wenig: «Insbesondere Salt und Sunrise bieten beim Roaming einen ungenügenden Schutz vor hohen Rechnungen», sagt André Bähler.
Salt und Sunrise müssen nachbessern
Der grösste Handlungsbedarf besteht bei Salt: Das Unternehmen hat für jeden Kunden eine Standardlimite von 1000 Franken pro Monat, aufgeteilt zu je 500 Franken auf Datenroaming, beziehungsweise Telefonie/SMS. «Fällt der Auslandaufenthalt eines Kunden zufällig auf zwei Rechnungsperioden, sind für Salt-Kunden Roaming-Rechnungen bis 2000 Franken möglich. Das hat nichts mehr mit Konsumentenschutz zu tun», sagt André Bähler. Kommt hinzu, dass Salt weiterhin horrende Roaming-Standardtarife verrechnet. «Wenn man bei Salt kein Datenpaket löst, kosten 100 MB Daten in den EU-Ländern 295 Franken. Gerade Salt-Kunden würden von einer tiefen Roaming-Limite stark profitieren», meint Bähler.
Bei Sunrise UPC und den Sunrise-Marken Yallo und Lebara gibt es einen vergleichsweise guten Schutz bei der Internetnutzung (Datenroaming), bei den Ausgaben für die Telefonie im Ausland gibt es jedoch für Sunrise-Kunden keine Standard-Limite.
Einen Schritt weiter ist Swisscom: Nach der Intervention des Konsumentenschutzes hat das Unternehmen angekündigt, die Standardlimite von Wingo, Coop Mobile und M-Budget von 500 auf 200 Franken zu senken. Für Swisscom-Kunden gilt bereits seit längerer Zeit eine Limite von 200 Franken.
Dass es auch anders geht, zeigt Quickline: Bei Telefonaten/SMS/MMS im Ausland gilt eine Standardlimite von 50 Franken, beim Datenroaming gibt es keine unerwarteten Kosten, da die Kunden das Internet im Ausland nur nutzen können, indem sie im Abopreis inkludierte Daten nutzen oder sich eine Option kaufen, deren Preis im Voraus bekannt ist.
Ab 1. Juli 2021 müssen zwar alle Anbieter ihren Kunden ermöglichen, die Roaming-Limite nachträglich zu ändern. Bloss: «Wir befürchten, dass die Anbieter zu wenig auf diese Möglichkeit hinweisen. Der von den Anbietern vorgegebenen Limite kommt daher eine grosse Bedeutung zu. Ist sie zu hoch angesetzt, wird es schnell teuer für die Kunden», sagt Bähler.
Mangelnde Rechtsbefolgung – BAKOM ist gefordert
Aus Sicht des Konsumentenschutzes gibt es bei Salt nicht nur bei den Roaming-Limiten, sondern auch in anderen Bereichen eine ungenügende Rechtsbefolgung, zum Beispiel bei den Datenpaketen. «Roaming-Datenpakete müssen seit 1. Juli mindestens 12 Monate gültig sein. Salt bietet nach wie vor Datenpakete an, die nur 30 Tage gültig sind», sagt André Bähler. Zudem muss das Kundenportal, in dem man Roaming-Optionen und –pakete lösen kann, auch über WLAN abrufbar sein, bei Salt ist dies derzeit nur via Mobilfunknetz möglich: «Wenn man bereits im Ausland ist, muss man das Mobilfunknetz einschalten, um günstige Datenpakete zu kaufen. Durch Updates oder eintreffende Nachrichten können so bereits hohe Kosten entstehen, bevor man überhaupt ein Datenpaket zu einem vergünstigten Tarif kaufen konnte.» Zuständig für die Rechtsdurchsetzung ist das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM). «Wir erwarten vom BAKOM, dass es nun bei den Anbietern interveniert und die rechtlichen Vorgaben für einen besseren Konsumentenschutz beim Roaming durchsetzt.»
