Fragen zu Konsum oder Recht? Hier finden Sie über 400 Antworten

Strafanzeige gegen Viagogo

Die Ticketverkaufsplattform Viagogo nutzt das Wirrwarr der weltweit pandemiebedingten und unkoordinierten Lockdowns aus und verkauft systematisch Tickets für Anlässe, die nicht stattfinden werden. Aus Sicht des Konsumentenschutzes ist dies eine hinterhältige Geschäftemacherei, die dringend gerichtlich verurteilt und untersagt werden muss. Der Konsumentenschutz reicht deshalb Strafanzeige gegen Viagogo ein.

Das Angebot auf viagogo.ch für ein Konzert der Lieblingsband kommt nach der langen, kulturellen Durststrecke gerade richtig. Die Enttäuschung und Verärgerung ist aber gross, wenn sich nach dem Kauf der Tickets herausstellt, dass die Veranstaltung nicht stattfindet oder sogar seit längerem abgesagt ist. Noch grösser wird der Frust beim Versuch, das Geld zurückzuerhalten.

Nach Testkäufen: Konsumentenschutz reicht Strafanzeige ein
Der Konsumentenschutz kaufte Mitte Januar bei Viagogo testweise je ein Ticket für einen Auftritt der Comedienne Stéphanie Berger im Kofmel Solothurn und für ein Konzert zweier holländischer Musiker in Amsterdam, Holland. Die Veranstaltungen sollten Mitte Februar respektive Mitte März stattfinden, die Durchführung wurde durch Viagogo ausdrücklich bestätigt. In Wirklichkeit waren beide Veranstaltungen bereits zum Zeitpunkt des Kaufs abgesagt.

Gesuche um Rückerstattung der bezahlten Kaufpreise wurden von Viagogo mit nichtssagenden Antworten abgespiesen: Die gegenwärtige Situation sei schwierig einzuschätzen und es werde noch mehrere Monate dauern, bis eine Rückzahlung allenfalls möglich sei.

Diese Geschäftemacherei ist nicht weiter tolerierbar. Der Konsumentenschutz hat deshalb gegen das in Genf ansässige Unternehmen Strafanzeige wegen Betrug und unlauteren Geschäftspraktiken eingereicht.

Gefängnis im Ausland – Wegschauen in der Schweiz
In mehreren europäischen Ländern ergingen gegen Viagogo und mit ihr verbandelte Personen bereits Gerichtsurteile. In Österreich erklärte der Oberste Gerichtshof OGH im Februar 42 Klauseln der Allgemeinen Geschäftsbestimmungen als ungültig. Auch in England wurde Viagogo zu verschiedenen Änderungen verpflichtet. Zwei Mitarbeiter eines Anbieters, der über Viagogo Tickets verkaufte, sitzen sogar eine Haftstrafe ab. Zudem steht eine neue Strafuntersuchung wegen spekulativem Ticketverkauf kurz bevor.

In der Schweiz wurde Viagogo bislang mit Samthandschuhen angefasst: Eine Klage des Staatssekretariats für Wirtschaft Secos wegen unlauterer Preisgestaltung und aggressiver Verkaufsmethoden wurde, soweit das Handelsgericht Zürich und das Bundesgericht überhaupt darauf eingetreten sind, grösstenteils abgewiesen.

Systematisches Angebot von wertlosen Tickets
Viagogo ist ein millionenschweres, international tätiges Unternehmen mit Sitz in Genf. Die länderspezifisch betriebenen Verkaufsplattformen sind professionell gestaltet. Seit vielen Jahren ärgert und prellt das Unternehmen Kundinnen und Künstler. Bislang lagen die Hauptprobleme darin, dass gekaufte Tickets nicht geliefert werden, dass diese ungültig sind und dass Viagogo generell überrissene hohe Preise fordert.

Mit der Coronapandemie kommt nun eine neue Masche dazu: Viagogo verkauft systematisch Tickets für längst abgesagte Veranstaltungen. Der Millionenkonzern nutzt die uneinheitliche Handhabung der Öffnungsschritte in den Ländern und Regionen und die damit einhergehende Verunsicherung schamlos aus: Insbesondere bei Veranstaltungen im Ausland ist für Konsumentinnen und Konsumenten kaum überprüfbar, ob diese aufgrund der lokalen behördlichen Vorgaben wirklich stattfinden.