Nachhilfe für Gewerbeverband
Skandalös sei es, dass der Bund die Stiftung für Konsumentenschutz unterstütze, ereifert sich Hans-Ulrich Bigler in der Zeitung Zentralschweiz am Sonntag.
Der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands führt eine ganze Palette an Begründungen auf, die bei genauer Betrachtung aber nur eines zeigen: Vollkommene Unkenntnis der Materie.
Da Herr Bigler vermutlich noch nie einen Blick in unseren neusten Ratgeber geworfen hat, diese Kurzinformation über den Inhalt zu seiner Kenntnisnahme:
Entgegen der Behauptung vom Direktor des Gewerbeverbandes beinhaltet der kleine Ratgeber „Zölle, Steuern & Co., grenzenlos einkaufen“ weder Tipps zu Einkaufs-Schnäppchen noch ruft er zum Shoppen im Ausland auf.
Er widerspiegelt lediglich die Realität: Wöchentlich erhalten wir Dutzende von Anfragen von Konsumentinnen und Konsumenten, denen – verständlicherweise – im Dschungel der Zollregelungen der Durchblick fehlt oder die gemerkt haben, dass ihnen falsche Gebühren beim Einkaufen ennet der Grenze berechnet wurden. In unserem Ratgeber finden sie verdichtet, was auf diversen Seiten (u.a. des Bundes) öffentlich zugänglich, aber schwierig zu finden und zu verstehen ist. Diese Informationen haben wir lesefreundlich zusammengetragen und in verständlichen Kontext gestellt.
Das Ziel der Attacke von Herrn Bigler wird ein Ablenkungsmanöver sein, denn sein Verband verhält sich vollkommen widersprüchlich. Klar ist, dass die KMUs, das Gewerbe, genau unter dem gleichen Phänomen wie die Konsumentinnen und Konsumenten leiden. Es wird den KMUs analog den Privatpersonen verwehrt, identische Importprodukte – Produkte, welche das Gewerbe für die Produktion benötigt – zu günstigeren Preisen einzukaufen. Und dies passiert einzig aus dem Grund, weil sie in der Schweiz ansässig sind: Internationale Unternehmen behindern den Wettbewerb, indem sie Beschaffungskanäle kontrollieren und damit gewährleisten, dass alle Schweizer Unternehmungen ihre Produkte nur mit dem „Zuschlag Schweiz“ von 10, 20, 50 oder mehr Prozent beschaffen können. Das ist ungerechtfertigt und hat weder mit besserer Qualität noch mit der Arbeitsplatz- und Ausbildungs-Situation in der Schweiz etwas zu tun. Im Gegenteil: Von diesem Abschottungsgehabe profitieren einzig die internationalen Konzerne und schaden damit dem Werkplatz Schweiz in hohem Mass!
Doch der Gewerbeverband sieht keinen Anlass, sich für ein strengeres Kartellgesetz oder erweiterte Parallelimporte einzusetzen. Den Missstand, in welchem sich das Gewerbe befindet, blendet der Gewerbeverband in seiner Argumentation unverfroren aus. Zweifellos einfacher ist es, eine kleine Organisation wie die Stiftung für Konsumentenschutz anzuprangern.
Die kürzlich lancierte PR-Kampagne zeigt, dass der Gewerbeverband immer noch nicht verstanden hat: Unabdingbar ist, dass umgehend die Preise für Importprodukte in unserem Land gesenkt werden, damit der Strom der Einkaufstouristen versiegt. Anders lassen sich die Einkaufsflüsse nicht mehr steuern – auch nicht mit rot-weissen Papiertüten.
Sara Stalder
Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz
Nachtrag 1. Mai 2012: Offener Brief an Gewerbeverband-Direktor Hans-Ulrich Bigler.