Mehr Eigenverantwortung durch verborgene Informationen?
Nach einem reich befrachteten Tag finde ich zuhause ein Schreiben meiner Krankenversicherung vor. Normalerweise sind die Schreiben meiner Krankenkassen so abgefasst, dass ich nach mindestens zweimaligem Lesen die enthaltenen Informationen verstehe.
Im heutigen Fall wartet ein Papier – vor- und rückseitig klein beschrieben – mit einem weiteren Papier und der angehefteten Versichertenkarte auf mich. Die Neuigkeiten, die in diesem Schreiben dicht gedrängt vermittelt werden, lassen meinen Schädel brummen. Ich nehme zum bessern Verständnis die Website der verantwortlichen Stelle zu Hilfe:
“Patient Empowerment” hat diese neue Karte laut Bundesamt für Gesundheit unter anderem zum Ziel. Gemeint ist damit, “die Stärkung der Eigenverantwortung der Versicherten – sie entscheiden über den Umfang und die Verwendung der persönlichen Daten auf der Karte.”
Nur – und danach habe ich das doppelseitige Schreiben gründlich durchleuchtet – nirgends steht, wie ich meine Daten einsehen kann. Wo gibt es Lesegeräte? Denn, wie sonst soll ich meine Eigenverantwortung wahrnehmen können? Was zur Zeit auf der Karte abgespeichert ist, bleibt mir verschlossen. Trotzdem habe ich 30 Tage lang Zeit, einen Teil der abgespeicherten Informationen schriftlich beim Krankenversicherer sperren zu lassen und damit also einen ersten Schritt in die vom Bundesamt gewünschte Richtung “Eigenverantwortung” zu machen.
Wie und wo ich im nächsten Monat an den abgespeicherten Inhalt meiner Karte herankomme, ist mir ein Rätsel. Doch halt: “Für Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung” steht auf dem zweiten Blatt, auf welchem auch eine 20-stellige Nummer, ein PUK-Code und mein Name mit Geburtsdatum vermerkt sind.
Hoffentlich haben die Versicherungen ihr Personal kurzfristig aufgestockt und umfassend gebrieft, um die vielfältigen Fragen auf eine immense und komplexe Informationsmenge beantworten zu können.
Sara Stalder
Geschäftsleiterein Stiftung für Konsumentenschutz