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Gefühlsschwankungen…

….sind bei Frauen in meinem Alter nichts Ungewöhnliches und meistens Hormon-bedingt. Doch meine emotionalen Berg- und Talfahrten der letzten drei Wochen schreibe ich ausschliesslich dem Wechselkurs zu! Auch bei verschiedenen Playern der Handelskette gehen die Gefühle hoch: So entwickelte sich manch einer innerhalb kürzester Zeit vom grauen Mäuschen zum Robin Hood der Konsumenten

Seit Monaten haben wir in Schreiben und Gesprächen immer wieder von den Akteuren des Handels und der Wettbewerbshüter mitgeteilt erhalten, wo’s im „freien“ Markt klemmt. Dies war dann zudem die Begründung, weshalb die Preisgestaltung unverändert blieb. Nicht einmal an den ungerechtfertigten Währungsgewinnen konnte bis vor einem Monat gerüttelt werden, kreative Rechtfertigungen wurden vorgeschoben.

Was uns seit Monaten aufgetischt wurde, ergab in der Gesamtheit betrachtet ein schizophrenes Bild:

  • Detailhändler, die sich selber als schwach und hilflos den mächtigen internationalen Marken ausgesetzt sahen und sich – trotz unserer Aufforderungen – standhaft weigerten, das Gespräch mit den Wettbewerbsbehörden zu suchen.
  • Markenhersteller, die hoch und heilig bekundeten, alle Preisvorteile an das nächste Glied in der Handelskette weiterzugeben.
  • Wettbewerbshüter, die unsere Aufforderung „Kontaktieren Sie die Händler und Produzenten, verlangen Sie von ihnen die Offenlegung der Gewinnverteilung! “ schulterzuckend zur Kenntnis nahmen, mit der Begründung, es seien bisher keine Klagen eingegangen, demzufolge reguliere sich der Wettbewerb selber. Das wiederum entspreche ganz dem ökonomischen Lehrbuch. Ansonsten solle der Konsument sich mit anderen zusammentun und tiefere Preise bei der Kassiererin aushandeln – über alle Marken-Alltagsprodukte, vom Automagazin bis zur Zahnpasta.

Endlich konnte die SKS diese Diskussion an die Öffentlichkeit bringen und darüber habe ich mich sehr gefreut: Nun weiss die Schweiz, dass sich Coop innerhalb weniger Wochen zum Detailhandels-Retter hochgekämpft hat. Wir konnten alle in riesigen Lettern lesen, dass die Migros verkündet „Weitermachen! Nur wer dran bleibt, holt auch mehr heraus.“ Und landesweit wurde der Aufruf der Wettbewerbskommission gehört, dass sie sich sehr wohl ums Kartell-Knacken bemühen würde, verfügte sie bloss über entsprechende Meldungen!

Dieses bisher sehr stille Hin- und Herbschieben des Schwarzen Peters hat seit dem 10. August 2011 ein Ende. Das stimmt mich ausserordentlich zuversichtlich, da die vielen Rechtfertigungsgründe, wieso die Preise nicht gegen unten korrigiert werden können, ab sofort null und nichtig sind. Es freut mich besonders, dass die SKS diesen ersten wichtigsten Schritt bewirken konnte!

Doch das Wechselbad der Gefühle hält an:
Zweifel – sind die Preissenkungsaktionen mehr als medienwirksame Werbeaktion der Händler?
Enttäuschung – zu viele Branchen haben sich bisher in der laufenden Diskussion versteckt und bisher noch gar nichts bewirkt
Überraschung – Autohersteller Mercedes macht endlich den von uns geforderten Schritt und senkt die Preise um 20%
Hoffnung – diverse Branchen und Akteuren sind auf mich zugekommen, Gespräche bezüglich Preissenkungen werden weiterhin stattfinden

und eben immer wieder Glück, dass wir endlich Bewegung in die starrköpfigen Standpunkte und die zelebrierte Machtlosigkeit der Handelsakteure bringen konnten!

Sara Stalder

Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz