Dieselgate: Es wird immer enger für VW

Erneut wird das Verhalten von VW vor Gericht als rechtswidrig beurteilt. Dieses Mal hatte es der Europäische Gerichtshof EuGH mit dem sogenannten Thermofenster zu tun: Ein System, das die Abgasreinigung bei Temperaturen über 33 Grad und unter 15 Grad Celsius abschaltet. Die meiste Zeit im Jahr fuhren die Fahrzeuge, die bereits vom Abgasskandal 2015 betroffen waren, somit ohne Abgasfilterung. Ein unglaublich verantwortungsloses und arrogantes Verhalten von VW. Zumal der Konzern insbesondere in der Schweiz jegliche Vorwürfe von Rechtswidrigkeit und Pflicht zu Schadenersatz von sich weist.
Nachdem bekannt geworden war, dass VW bei Fahrzeugen mit dem Motorentyp EA 189 eine manipulierte Abgasmess-Software eingebaut hatte, begann eine beispiellose Rückrufaktion zwecks Softwareupdate. Kurze Zeit später kam es auch hier zu grossen Fragezeichen. Es stellte sich heraus, dass die Abgasreinigungsvorrichtung bei den betroffenen Fahrzeuge nur innerhalb eines Thermofenster zwischen 15 und 33 Grad Celsius arbeitet. Bei Temperaturen darunter und darüber schaltet sich das Reinigungssystem automatisch aus. VW behauptet, dieses Thermofenster habe es schon immer gegeben – was jedoch wenig glaubhaft ist.
VW erneut rechtswidrig
In seinem Entscheid vom 14. Juli 2022 kommt der EuGH zum Schluss, dass es sich auch bei diesem Thermofenster-System um eine verbotene Abschaltvorrichtung handelt. Durch das Ausschalten der Abgasreinigung werden die geltenden Stickstoffoxid-Emissionsgrenzwerte während einem Grossteil des Jahres nicht eingehalten. Denn Temperaturen unter 15 Grad Celsius sind in Europa als normal zu betrachten.
Weil es sich somit um einen nicht geringfügigen Mangel am Fahrzeug handle, haben die betroffenen Fahrzeughalterinnen Anspruch auf angemessene Preisminderung. Alternativ haben sie das Recht, vom Vertrag zurückzutreten und den Kaufpreis zurückzuerhalten.
Wirkung auch für Schweizer Betroffene
In seinem Entscheid beurteilt der EuGH grundsätzliche Fragen rund um das Thermofenster. Diese Grundsatzfeststellungen können auch von Schweizer Gerichten nicht einfach ignoriert werden. Zumal auch die vertragsrechtlichen Grundsätze des Schweizer Rechts mit denjenigen des Europäischen Rechts nahezu identisch sind.
Ignorieren der Schweizer Betroffenen wird immer schwieriger
In der Schweiz weigert sich VW beharrlich, irgendwelche vertragsrechtlichen oder Schadenersatzforderungen von geschädigten VW-Kunden anzuerkennen. Dies mit tatkräftiger Unterstützung der Gerichte. Bei erdrückenden Gerichtsaussagen wie dem neusten EuGH-Urteil können VW und die Schweizer Justiz aber nicht länger die Betroffenen ignorieren. VW muss seinen Ausgleichpflichten auch in der Schweiz endlich nachkommen!
Der Fall zeigt einmal mehr, wie dringend nötig in der Schweiz die Einführung von kollektivem Rechtsschutz ist!