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Flug annulliert, verspätet, überbucht – was tun?

Was, wenn der gebuchte Flug annulliert wurde, verspätet ist oder überbucht wurde? Passagiere haben gemäss der europäischen «Fluggastrechte-Verordnung» verschiedene Rechte. Wir zeigen Ihnen, welche das sind und wie Sie diese durchsetzen können.

Was, wenn der gebuchte Flug abgesagt wurde oder verspätet ist? Ihre Ansprüche gemäss Fluggastrechte-Verordnung gelten bei allen Flügen, die in der Schweiz oder in der EU starten und bei Flügen mit Destination Schweiz oder EU, die von einer Schweizer oder EU-Airline durchgeführt werden.

 

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Alles klar? Sara Stalder erklärt das Fluggastrecht.

Flug annulliert – was gilt?

Passagiere haben, wenn der Flug annulliert wurde, gemäss der europäischen «Fluggastrechte-Verordnung» (VO (EG) Nr. 261/2004 immer ein Recht auf Ticketrückerstattung oder wahlweise eine alternative Beförderung – sei es durch Umbuchung auf einen anderen Flug oder eine alternative Reisemöglichkeit wie die Bahn. Wichtig: Mehr Geld darf die Fluggesellschaft für die neue Reiseverbindung nicht von Ihnen verlangen. Ausserdem sind Sie nicht verpflichtet, Gutscheine zu akzeptieren. Dies bestätigte ein deutsches Gericht in einem Urteil vom Januar 2022.

Recht auf Ticketrückerstattung oder alternative Beförderung

Findet Ihr geplanter und gebuchter Flug nicht statt, so haben Sie zwei Möglichkeiten: Die Reise trotzdem antreten oder darauf verzichten.

  • Reise antreten: Sie können sich von der Airline oder von Ihrem Reisebüro einen Alternativflug vorschlagen lassen. Unterbreitet Ihnen die Airline oder das Reisebüro keinen oder einen nicht akzeptierbaren Vorschlag, können Sie selbständig einen Alternativflug buchen und die Kosten in Rechnung stellen. Aber Vorsicht: Wenn Sie einen zu teuren Ersatzflug buchen, müssen Sie die Mehrkosten allenfalls selbst bezahlen.
  • Reise nicht antreten: Sie können auf den Flug verzichten und die Rückerstattung des Ticketpreises verlangen. Wenn Sie sich bereits auf einem Umsteigeflughafen befinden, also einen ersten Teil Ihrer Reise bereits zurückgelegt haben, besteht Anspruch auf kostenlose Rückbeförderung zum Ausgangsflughafen (respektive spätere Kostenrückerstattung, wenn Sie den Rückflug zuerst selbst bezahlen müssen).

Recht auf Entschädigung

Wird ein Flug annulliert, besteht neben der Rückerstattung oder alternativen Beförderung ein Recht auf Entschädigung, ausser die Fluggesellschaft kann sich auf «aussergewöhnliche Umstände» (siehe unten) bzw. höhere Gewalt als Ursache für den Flugausfall berufen.

Folgende Entschädigungsansprüche bestehen:

  • 250 € bei Flügen von 1’500 km oder weniger
  • 400 € bei Flügen zwischen 1’500 und 3’500 km
  • 600 € bei Flügen über 3’500 km

Diese Entschädigung erhalten Sie unabhängig davon, ob Ihnen eine alternative Beförderung angeboten wird oder nicht.

Keine Entschädigung wenn zeitnahe Alternativen angeboten werden

Kein Anspruch auf Entschädigung besteht, wenn die Airline Alternativflüge anbietet und folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Benachrichtigung über Annullierung 7 bis 14 Tage vor Abflug: alternativer Abflug max. 2 Stunden früher – Ankunft max. 4 Stunden später.
  • Benachrichtigung über Annullierung 0 bis 7 Tage vor Abflug: alternativer Abflug max. 1 Stunde früher – Ankunft max. 2 Stunden später.

Keine Entschädigung bei aussergewöhnlichen Umständen

Bei einer Annullierung muss die Fluggesellschaft nur dann eine Ausfallentschädigung zahlen, wenn sie für den Flugausfall verantwortlich ist – also keine aussergewöhnlichen Umstände vorliegen, auf die die Fluggesellschaft keinerlei Einfluss hat. Sonstige Ansprüche wie Ticketrückerstattung, Betreuungsdienstleitungen etc. bestehen hier aber trotzdem.

Aussergewöhnliche Umstände sind beispielsweise:

  • schlechte Wetterbedingungen
  • Vogelschlag
  • Terrorgefahr
  • medizinische Zwischenfälle
  • Streik von Angestellten der Airline

Keine aussergewöhnlichen Umstände dagegen sind beispielsweise:

  • Nebel, Regen, leichter Schneefall
  • Mangel oder Fehlen des Personals wegen Krankheit oder Kündigungen
  • technische Mängel und Defekte am Flugzeug

Recht auf Betreuungsleistungen

Wird Ihr Flug annulliert, wenn Sie sich bereits am Flughafen oder sogar auf einem Umsteigeflughafen befinden, haben Sie Anspruch auf Betreuungsdienstleistungen wie beispielsweise Getränke und Mahlzeiten im Verhältnis zur Wartezeit, die Möglichkeit zur Telekommunikation sowie nötigenfalls Hotelunterkunft inklusive Transfer.

Flug verspätet was gilt?

Kommt der Flug mindestens 3 Stunden verspätet am Zielort an, besteht gemäss europäischer Rechtsprechung wie bei Flugannullierungen ein grundsätzlicher Anspruch auf Entschädigung. Die Höhe der Entschädigung wird gleich berechnet wie bei einer Annullierungen (siehe oben). Wichtig zu wissen: Schweizer Airlines stellen sich auf den Standpunkt, dass das Europäische Gerichtsurteil, auf dem diese Entschädigungsregeln basieren, in der Schweiz nicht gelte. Ein Bezirksgericht hat diese Haltung leider bestätigt. Somit ist kaum mit Entschädigungen zu rechnen, falls Sie es mit einer Schweizer Airline zu tun haben.

Auch bei Verspätungen werden Entschädigungszahlungen nur bezahlt, wenn die Fluggesellschaft für die Verspätung verantwortlich ist, also keine aussergewöhnlichen Umstände (siehe oben) vorliegen.

Wer wegen einem verspäteten Flug einen Anschlussflug verpasst und deshalb mindestens 3 Stunden zu spät an der Enddestination ankommt, hat ebenfalls Anspruch auf Betreuungsleistungen (z. B. Essen, Trinken, Hotelübernachtung) und allenfalls auf eine Entschädigung.

Auch bei Verspätungen haben Sie Anspruch auf kostenlose Mahlzeiten, Getränke, Telekommunikation und, falls erforderlich, Unterkunft:

  • ab zwei Stunden Verspätung bei einer Strecke bis zu 1’500 km
  • ab drei Stunden Verspätung bei Flügen zwischen 1’500 und 3’500 km
  • ab vier Stunden oder mehr Verspätung bei Flügen über 3’500 km ausserhalb der EU

Bei Pauschalreisen (z.B. Flug mit Unterkunft gebucht) gilt das Pauschalreisegesetz. In diesem Fall müssen Sie sich an Ihre Reiseveranstalter wenden.

Bei einer Flugreise mit einer Distanz von mehr als 3’500 km und einer Verspätung von mindestens fünf Stunden können die Fluggäste auf den Flug verzichten und den Ticketpreis zurückfordern. Tritt die Verspätung erst bei einem Zwischenstopp auf einem Anschlussflughafen ein, haben Sie zudem Anspruch auf kostenlosen Rücktransport zu Ihrem Ausgangsflughafen. Organisieren und bezahlen Sie diesen Rückflug vor Ort selbst, haben Sie Anspruch auf nachträgliche Kostenübernahme.

Flug überbucht was gilt?

Bei einer Überbuchung (allfällige Nichtbeförderung) erkundigt sich die Airline zunächst, ob es Reisende gibt, die gegen eine vereinbarte Entschädigung freiwillig auf den Flug verzichten. Die betreffenden Freiwilligen müssen zudem wählen können zwischen der Erstattung des Ticketpreises, einer alternativen Beförderung zum Zielort und – falls nötig – einem kostenlosen Rückflug zum Abflugsort. Wenn die Passagiere ihren Platz nicht freiwillig zur Verfügung stellen, rechtzeitig eingecheckt und sich korrekt verhalten haben, bestehen dieselben Ansprüche, wie wenn ein Flug annulliert wird.

Flug verschoben was gilt?

Verschiebt

die Fluggesellschaft Ihren Flug bzw. Rückflug, müssen Sie dies in der Regel nicht akzeptieren: im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass bei einer Verschiebung des Abfluges von mehr als vier Stunden vor oder nach dem ursprünglich vereinbarten Abflugszeitpunkt eine wesentliche Vertragsänderung vorliegt. Sie können die Verschiebung zwar akzeptieren und den Flug trotzdem antreten, wenn Sie dies möchten, doch haben Sie in solchen Fällen auch das Recht, vom Vertrag zurückzutreten mit dem Anspruch auf Rückerstattung aller bereits geleisteten Zahlungen.

Flug annulliert, verspätet, überbucht – so gehen Sie vor!

  • Dokumentieren Sie vor Ort alles so genau wie möglich, etwa mit Fotos der Abflug-Anzeigetafel, die zeigt, dass Ihr Flug annulliert wurde. Lassen Sie sich die Umstände von der Airline (schriftlich) bestätigen.
  • Bewahren Sie sämtliche Belege/Quittungen auf, mit denen Sie Ihre zusätzlichen Ausgaben (z.B. für Verpflegung, Transfer oder Unterkunft) belegen können.
  • Wenden Sie sich so rasch wie möglich direkt an die Fluggesellschaft, die Buchungsplattform oder an Ihr Reisebüro.

Häufig schieben sich Leistungserbringerin und Plattform gegenseitig die Verantwortung zu. Bleiben Sie deshalb hartnäckig, denn Sie sind im Besitz eines gültigen Rechtsanspruchs. Umso mehr, da sich im Herbst 2021 16 Fluggesellschaften dazu verpflichtet haben, Kosten direkt zurückzuerstatten, falls es über die Plattform nicht klappt.

Tipp: Buchen Sie Flüge wenn möglich direkt bei der entsprechenden Airline. So können Sie dem Problem, dass mehrere Vertragsparteien im Spiel sind, und sich gegenseitig die Verantwortung zuschieben, aus dem Weg gehen.

Wenn es zu Problemen kommt bei der Rückerstattung oder Entschädigungszahlungen, wenden Sie sich ans Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL. Dazu steht Ihnen das Onlineformular für Passagiere zur Verfügung. Sie können beim BAZL auch eine Anzeige einreichen. Das BAZL kann Ihre Ansprüche zwar nicht gerichtlich durchsetzen, doch kann das Verfahren in einer Busse für die Fluggesellschaft münden. Deshalb kommt es in Fällen, in welchen sich das BAZL einschaltet, eher zu den geforderten Entschädigungszahlungen. Allenfalls unterstützt Sie im Streitfall auch eine bestehende Rechtsschutzversicherung.

Hilfe durch eine Reiseversicherung

Falls Sie eine Reiseversicherung haben, wenden Sie sich zuerst an diese. Im Rahmen der bestehenden Police hilft sie bei der Organisation der Weiter- oder Heimreise und übernimmt die Kosten, welche durch die zusätzlichen Übernachtungen entstehen.

Hilfe durch Onlineportale/Inkassounternehmen

Alternativ helfen auch verschiedene Internetportale (sogenannte Claim Agencies), welche mit hohen Erfolgsquoten werben. Bei einem Erfolg beanspruchen sie jedoch 15 %–40 % der Entschädigungszahlungen für sich als Provision. Ein Vergleich lohnt sich.

  1. Cancelled (www.cancelled.ch)
  2. EUclaim (www.euclaim.de)
  3. Fairplane (www.fairplane.de)
  4. Flightright (www.flightright.de)

Solche Onlineportale haben – im Gegensatz zum BAZL – grundsätzlich die Möglichkeit, gegen die Fluggesellschaften gerichtlich vorzugehen. Dies tun sie jedoch selten. Zudem fordern die Portale nur die Entschädigungszahlungen ein, nicht jedoch Rückzahlungen für entstandene Zusatzkosten wie Mahlzeiten oder Übernachtungen.

Hilfe durch Anwält:in/Gericht

Sie können Ihre Ansprüche auch auf eigene Faust auf dem zivilrechtlichen Weg durchsetzen. Ein solches Verfahren ist allerdings mit einem Kostenrisiko verbunden.

In unserem Online-Ratgeber erfahren Sie, was Sie tun können, wenn Ihr Reisegepäck verloren oder beschädigt wurde.

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