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Kollektiver Rechtsschutz jetzt!

Asbestopfer und deren Angehörige stehen weiterhin mit leeren Händen da. Die Industrie weigert sich, versprochene Zahlungen in einen Entschädigungsfonds einzuzahlen. Der Konsumentenschutz fordert, dass jetzt die Grundlagen für kollektiven Rechtsschutz geschaffen werden.

Ein beklemmender Bericht des Nachrichtenmagazins Eco zeigt, wie willkürlich die Opfer von Massenschadensfällen in der Schweiz behandelt werden – und dies ganz legal. Wirtschaftsverbände gründeten 2017 eine Stiftung, um Asbest-Opfer bzw. der Angehörige zu entschädigen. Die Stiftung sollte mit 100 Mio. Franken geäufnet werden. Von den schönen Absichten ist drei Jahre später nicht mehr viel zu spüren. 24 Mio. Franken sind bisher gesprochen worden.

Eine finanzielle Entschädigung kann den Verlust eines geliebten Menschen nicht ungeschehen machen. Trotzdem stellt sie ein rechtsstaatliches Mittel zur Widergutmachung dar, auf welches Geschädigte zwingend einen Anspruch haben müssen.

Im März 2018 hatte der Bundesrat eine Vorlage zur Revision der Zivilprozessordnung (ZPO) vorgelegt, die neu auch Instrumente des kollektiven Rechtsschutzes enthielt. Gruppen von Geschädigten sollten die Möglichkeit haben, sich mit einem vernünftigen Aufwand zusammenzuschliessen, um gemeinsam für die Durchsetzung ihrer Ansprüche kämpfen zu können. Zudem sollte es für die Schädiger (zum Beispiel einen Anbieter, der ein fehlerhaftes Medizinalprodukt verkauft hat) attraktiver werden, sich auf Vergleiche einzulassen – der Abschluss von Vergleichen ist effizient und somit grundsätzlich für alle Beteiligten von Vorteil.

Der Widerstand der Industrie gegen einen Ausbau der Rechtsschutzinstrumente war jedoch dermassen gross, dass der Bundesrat kurzerhand entschied, den gesamten Teil zum kollektiven Rechtsschutz aus der ZPO-Revisionsvorlage zu streichen. Gleichzeitig versprach er, diesen Teil in einer separaten Vorlage anzugehen.

Diesen Weg der separaten Vorlage unterstützte am 20. Oktober 2020 auch die Rechtskommission des Ständerates.

Das Beispiel der Asbest-Opfer zeigt einmal mehr, dass Instrumente für kollektiven Rechtsschutz dringend notwendig sind. Der Konsumentenschutz fordert, dass die notwendigen Grundlagen jetzt geschaffen werden – entweder in der laufenden ZPO-Revision oder mit einer separaten Vorlage, die vom Bundesrat innert Jahresfrist vorgelegt wird.