Preise ohne Zuckerguss
Jetzt haben wir also – scheinbar – die süsse Gewissheit: Schweizer Zucker ist ökologischer und sozialverträglicher als derjenige aus Brasilien. Das sagt zumindest eine Studie der ETH Zürich, welche im Auftrag der Schweizer Rübenproduzenten und Zuckerfabriken erstellt wurde und Schweizer Rübenzucker mit weissem Rohrzucker aus Brasilien vergleicht.
In Bezug auf die Wirtschaftlichkeit sieht das Bild anders aus: Hier schneidet der Schweizer Zucker nicht gut ab. „Die Rentabilität des Schweizer Rübenanbaus muss – im Gegensatz zum Rohanbau in Brasilien – durch Bundesbeiträge (Direktzahlungen) sichergestellt werden“, kommen die Autoren der Studie zum Schluss und halten fest, dass die ökonomische Bewertung deutlich zuungunsten des Schweizer Zuckers ausfällt.
Bundesbeiträge sind in der Schweizer Landwirtschaft bekanntlich gang und gäbe, die Zuckerproduktion stellt da keine Ausnahme dar. Aber beim Zucker ist es dieses Jahr doppelt ärgerlich: Es wurde zwar eine Rekordzuckerernte eingefahren, Preissenkungen beim verarbeiteten Zucker stellen wir jedoch keine fest. Die Konsumenten zahlen also doppelt: Über die Steuern für die Anbau-Subventionen und über die zu hohe Marge beim Verkaufspreis. Diese verzerrte Marktregeln werden durch die Subventionen an einzelne Landwirtschaftszweige wie die Zuckerproduktion aufrecht erhalten. Solche Stützungsmassnahmen kennen traditionelle Zuckerproduktionsländer im Süden nicht, sie haben auf dem Markt wegen dieser Wettbewerbsverzerrung kaum Chancen. Der Fairness im internationalen Handel muss stärker Rechnung getragen werden.
Ein anderer Aspekt kommt für mich auch ins Spiel: Es ist ökologisch fragwürdig, den intensiven und immer stärker mechanisierten Zuckerrübenanbau in unserem Land so stark zu unterstützen – hier wäre nicht nur ein Vergleich mit der Zuckerproduktion in Brasilien, sondern auch mit anderen Produktionszweigen in der Schweiz aufschlussreich.
Statt Subventionen an intensive Erzeugung von Industriezucker zu verteilen, fordern wir deshalb, dass generell ökologische, nachhaltige Anbaumethoden im Ackerbau besser entschädigt werden. Seit Jahren produziert die Schweiz beispielsweise zu wenig Bio-Getreide. Weshalb?
Sara Stalder
Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz
Zum Beitrag der Sendung Schweiz aktuell von SF vom 16.11.2011