Stich-haltige Argumente?
„Impfen ist ein hoch aktuelles und zugleich emotionales Thema. Die Bevölkerung sucht kompetente und unabhängige Beratung.“ Wer könnte diesen Satz nicht unterschreiben? Gerade jetzt, wo die pandemische Grippe (oder Schweinegrippe) und die Impfung dagegen so aktuell sind, ist neutrale Beratung gefragt. Der zitierte Satz steht auf der Homepage von PharmaSuisse, dem Schweizerischen Apothekerverband. PharmaSuisse hat eben eine schweizweite Aktion beendet: In der Apotheke konnte man seinen Impfausweis mit dem offiziellen Impfplan des Bundesamtes für Gesundheit überprüfen lassen. Empfohlen erhielt man dann diejenigen Impfungen, die auf dem Impfausweis fehlten. Nicht gerade das, was ich als unabhängig und individuell empfinde in Bezug auf Impfberatung.
Praktisch, dass die kritische Konsumenten-Zeitschrift Beobachter just zu dem Zeitpunkt, als das BAG verkündete, dass der Impfstoff gegen die pandemische Grippe jetzt zugelassen sei, ein 40seitiges Gesundheitsheft herausbringt. Titel „Vorsicht, Viren! So schützt man sich vor Infektionen“. Entstanden ist das Heft in Zusammenarbeit mit – erraten Sie’s? – pharmaSuisse. Kritische Stimmen muss man suchen im Heft, dafür fallen die zahlreiche Inserate für den Impf-Check, für Fiebermittel, Vitamine, ein Trinkkonzentrat oder ein antroposophisches Hustenelixier besser auf. Beat Schlatter, Schweizer Schauspieler und Hansdampf in allen Werbegassen, ist im Heft allerdings nicht als Werbeträger für die Pandemie-Vorsorge abgebildet, sondern in einer anderen Mission: Er wirbt zur Abwechslung für einen Joghurtdrink mit Pflanzenstaniolen.
Aber zurück zum Thema. Neben der Schweinegrippe-Berichterstattung erscheint in den Ringier-Medien regelmässig ein Inserat desselben Milchverarbeiters. Im Gegensatz zum Beobachter wird da aber nicht ein Joghurtdrink für den Cholesterin-Spiegel angepriesen, sondern einer, der die Abwehrkräfte stärken soll. Ende Woche schmückte diese Werbung einen Artikel, in dem Professor Beda Stadler forderte, dass Pflegepersonal und Militär obligatorisch geimpft werden sollte. Übrigens derselbe Beda Stadler, der Ende Sommer verkündete, die Pandemie sei in der Schweiz bereits durch und vorbei.
Wo kann man sich also unabhängig und kompetent beraten lassen? Ganz einfach, bei meinem Hausarzt, werden Sie jetzt denken. Jacques de Haller, Präsident der Ärztevereinigung FMH, beklagte sich jedoch Ende letzte Woche bereits über die verfehlte Informationspolitik des BAG – die Ärzte müssten viel zu viel Zeit aufwenden, um ihre Patientinnen und Patienten über die Schweinegrippe und die Impfmöglichkeiten aufzuklären.
Ich werde den Eindruck nicht los, dass man die Leute schlichtweg im Stich lässt in dieser Sache.
Sara Stalder
Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz