210 Kilo Äpfel pro Tag
So viel kann der Konsument pro Tag essen, damit er eine Grenze erreicht, bei dem das Antibiotika in den Äpfeln ihm schaden könne. Der Schaden, der ist aber noch ganz woanders.
Aber der Reihe nach: Soll das Antibiotikum Streptomycin auch in der Schweiz gegen Feuerbrand eingesetzt werden? Nach den grossen Schäden im Jahr 2007 an den Obstplantagen und den Hochstammbäumen verlief die Diskussion darüber im letzten Jahr kontrovers und sehr lebhaft. Schlussendlich erhielten Obstbauern, deren Anlagen gefährdet waren, dieses Frühjahr erstmals eine Bewilligung. Unter strengen Rahmenbedingungen wurde Streptomycin auf die blühenden Obstbäume gespritzt. Und die Behörden versicherten einhellig, auf den gereiften Früchten blieben keinerlei Rückstände von Antibiotika zurück.
Diese Versicherung war falsch, wie sich jetzt herausstellte. Mit grossem Erstaunen gaben die Behörden nun bekannt, dass von 62 untersuchten Apfelproben 52 Antibiotika-Rückstände aufwiesen. Minime zwar, aber doch einwandfrei nachweisbar. Da niemand pro Tag 210 Kilo Äpfel essen wird, schliessen die Behörden deshalb eine Gesundheitsgefährdung aus – zumindest nach heutigem Wissenstand, wie sie mittlerweile vorsichtig schreiben. Die Rückstände sind offenbar “aufgetaucht”, weil die Kantonschemiker eine neue Analysemethode angewandt haben.
Nun, scheint es, ist es auch an der Zeit, eine neue Methodik in der Kommunikation anzuwenden: Denn wenn sich gerade in so wichtigen Fragen herausstellt, dass die Beteuerungen der Behörden falsch sind, wird das Vertrauen in die Behörden verständlicherweise stark strapaziert. Jedenfalls müssen sie sich bei einem nächsten Mal nicht wundern, wenn Konsumentinnen und Konsumenten skeptisch und ungläubig reagieren: Der Grenz- und Toleranzwert ist bei widersprüchlichen Informationen sehr niedrig angesetzt.
Sara Stalder
Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz