Fragen zu Konsum oder Recht? Hier finden Sie über 400 Antworten
Online-Ratgeber

Stichproben bei Self-Checkout-Kassen

Seit Jahren sind Self-Checkout-Kassen beliebt. Es wird als zeitsparend empfunden, die Einkäufe an unbedienten Kassen selbstständig zu scannen und anschliessend gleich mit der Debit-, Kreditkarte oder Apps wie TWINT zu bezahlen. Was aber gilt, wenn ein Artikel versehentlich nicht eingescannt wird?

Die meisten Anbieter mit Self-Checkout-Kassen sehen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, dass das Personal Stichproben durchführen kann. Die Self-Checkout-Kassen der grossen Detailhändlerinnen lösen solche Stichproben automatisch aus. Der Kaufvorgang kann dann erst abgeschlossen werden, nachdem das Verkaufspersonal einige Artikel gescannt hat.

Wir zeigen Ihnen nachfolgend auf, an welche Grundsätze sich das Geschäft dabei zu halten hat, welche Rechte Ihnen zustehen und wie das Nicht-Scannen eines Artikels aus juristischer Sicht zu werten ist.

Grundsätze und Ihre Rechte

  • Das Geschäft hat das Recht, bei Ihnen eine Stichprobe durchzuführen und zu kontrollieren, ob Sie alle Artikel, welche sich bei den gescannten und zu bezahlenden Artikeln befinden, auch tatsächlich eingescannt haben. Entweder löst das Kassensystem eine Stichprobe aus oder eine Kunden-Betreuerin wählt Sie spontan für eine Stichprobe aus.
    • Sollten Sie Zweifel daran haben, ob die Person zur Kontrolle befugt ist, können Sie darauf bestehen, dass sich die Person vor der Kontrolle ausweist.
  • Die Angestellten müssen Ihnen klar und deutlich mitteilen, was gerade geschieht: Dass es sich um eine Stichprobe handelt, in welcher geprüft wird, ob alle Artikel erfasst wurden und nach welchem System Sie gerade ausgewählt worden sind.
  • Wenn es die Umstände (Platzverhältnisse, Kundenaufkommen) zulassen, darf das Personal Sie nicht dazu zwingen, in einen separaten Raum mitzugehen.
  • Falls festgestellt wird, dass ein Artikel nicht aufgeführt ist, müssen Sie die Gelegenheit erhalten, sich dazu zu äussern.

Nach der Kontrolle

  • Lassen Sie sich nicht zwingen, ein Dokument zu unterschreiben, falls sich in Ihren Einkäufen tatsächlich etwas gefunden hat, das nicht auf der Liste der eingescannten Artikel zu finden ist. Denn es könnte sich dabei um ein Schuldeingeständnis handeln, mit welchem Sie erklären, dass Sie vorsätzlich gehandelt haben. In dieser unangenehmen Situation ist es möglich, dass Sie den genauen Inhalt des Dokuments falsch deuten.
  • Falls das Ladenpersonal nicht eingescannte Artikel findet, müssen Sie sich die Aufnahme der Personalien gefallen lassen.
    • Eine Kopie Ihres Personalausweises (z.B. ID) müssen Sie jedoch nicht zulassen.
  • Kommt es zu einer Strafanzeige, stehen Ihnen insbesondere folgende Rechte zu:
    • Im polizeilichen Ermittlungsverfahren: Aussageverweigerungsrecht, Beizug eines Rechtsanwalts nach eigener Wahl, Äusserungen zur Sache und zum Verfahren, Ergreifen von Rechtsmitteln, wie z.B. Beschwerde einreichen gegen alle Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Polizei.
    • Im Anzeigeverfahren vor der Staatsanwaltschaft: Akteneinsicht, Stellen von Fragen an Zeugen, eigene Beweise vorbringen, allenfalls eine amtliche, unentgeltliche Verteidigung (falls die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind), Ergreifen von Rechtsmitteln, wie z.B. Beschwerde einreichen gegen alle Verfügungen Verfahrenshandlungen der Staatsanwaltschaft. Übrigens: Bei einem Diebstahl von Waren im Wert unter 300 Franken, müsste das Geschäft innerhalb von drei Monaten nach der Stichprobe einen Strafantrag stellen (Art. 31 StGB). Denn bei geringen Vermögenswerten ist der Diebstahl ein Antragsdelikt, das mit Busse bestraft wird. (Art. 139 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 172ter StGB)
  • Gegen ein Hausverbot müssten Sie zivilrechtlich vorgehen, falls es nicht sowieso bereits im Zuge eines ergebnislosen Ermittlungsverfahrens aufgehoben wird.

Fragen rund um die Videoüberwachung finden Sie hier.

Rechtliche Qualifikation

Was liegt rechtlich gesehen vor, wenn nicht alle Artikel eingescannt worden sind?

Wird ein Artikel aus Versehen nicht eingescannt, dann liegt noch kein Diebstahl vor. Denn die subjektive Voraussetzung des Vorsatzes ist nicht erfüllt. Einen fahrlässigen oder versehentlichen Diebstahl kennt das Gesetz nicht. Werden beim gleichen Kunden aber wiederholt nicht-gescannte Waren gefunden, kann diese Wiederholung ein Indiz für vorsätzliches Handeln sein.

Zudem hat der Kunde den Artikel noch nicht aus dem Geschäft mitgenommen bzw. weggenommen. Er trägt die Sache noch immer mit sich, meist offen im Einkaufskorb oder -wagen. Als weggenommen gilt eine Sache erst, wenn der Kunde mit ihr das Geschäft verlässt. Anders ist es, wenn Sie die Sache bereits verstaut oder versteckt haben, z.B. in einem Rucksack oder in den Kleidern. Dann gilt die Sache bereits im Geschäft als weggenommen.

Wir empfehlen

Benötigen Sie weitere Informationen? Vereinbaren Sie einen Beratungstermin: