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Online-Ratgeber

Muss ich eine Umtriebsentschädigung fürs Parkieren bezahlen?

Sie haben Ihr Auto kurz auf einem privaten Parkplatz geparkt, daraufhin haben Sie von der Eigentümer:in beziehungsweise einem Unternehmen eine private Parkbusse erhalten. Ob Sie diese Umtriebsentschädigung bezahlen müssen, erfahren Sie in diesem Online-Ratgeber.

Eine Eigentümer:in darf zwar keine polizeilichen Parkbussen verteilen, sie kann aber auf ihrem Grundstück ein richterliches Verbot verhängen lassen. Dies berechtigt sie dann dazu, mittels Strafanzeige bei der Polizei eine Busse einzufordern. In der Praxis verzichten jedoch viele Eigentümer:innen auf eine Strafanzeige. Im Gegenzug fordern sie von den Parksünder:innen eine Umtriebsentschädigung für ihre Aufwände und stellen eine «private Parkbusse» aus. Die Entschädigungen werden meistens nicht von den Eigentümer:innen, sondern von einem dafür beauftragten Privatunternehmen eingefordert (siehe Box unten). Dieses Vorgehen ist rechtens, sofern einige Voraussetzungen erfüllt sind. Falls eine oder mehrere der nachfolgenden Voraussetzungen nicht erfüllt sind, müssen Sie keine Umtriebsentschädigung bezahlen.

Die Absender:innen solcher Forderungen erhalten die Informationen aus einer Abfrage der Fahrzeugkennzeichen. Diese können Ihre Informationen unter Umständen auch dann bekommen, wenn Sie Ihre Kennzeichen-Auskunft gesperrt haben.

Unterscheidung öffentlicher oder privater Grund

Prüfen Sie in einem ersten Schritt, ob auf dem Parkplatz ein richterliches Verbot besteht und ob die Eigentümer:in überhaupt auf diesem Parkplatz dazu berechtigt war, eine Entschädigung einzufordern. Es kommt nicht selten vor, dass Eigentümer:innen über ihr berechtigtes Gebiet hinaus handeln. Um die Berechtigung zu überprüfen, kann Ihnen ein Blick ins kantonale Geoportal helfen.

Haben Sie Ihr Auto auf öffentlichem Grund oder ausserhalb des Geltungsbereichs eines richterlichen Parkverbots geparkt, ist die private Busse unzulässig.

Gilt der Parkplatz als privater oder öffentlicher Grund?

Die Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Parkplatz hat auch das Bundesgericht beschäftigt. Im Entscheid BGer 6B_384/2020 (BGE 148 IV 30) hat es festgehalten, dass private Areale, die zu bestimmten Zeiten als öffentliche Parkplätze zur Verfügung gestellt werden, während diesen Zeiten als öffentliche Strassen nach Art. 1 Abs. 2 Verkehrsregelnverordnung (VRV) gelten. Damit ist das Strassenverkehrsgesetz (SVG) auf solche Areale anwendbar.

In dem Bundesgerichtsfall hat die Autofahrer:in auf einem Privatareal geparkt, welches der Öffentlichkeit ab 17.00 bis 6.00 Uhr als bezahlter Parkplatz zur Verfügung gestellt wird. Während einer knappen halben Stunde, zwischen 19.51 und 20.19 Uhr, hat sie keine Parkgebühr bezahlt. In solchen Konstellationen darf die Polizei gemäss Bundesgericht eine Ordnungsbusse nach Ordnungsbussenverordnung (OBV) (in diesem Fall in Höhe von 40 Franken) verteilen.

Was sind die Folgen, wenn es sich um einen öffentlichen Parkplatz handelt?

Es ist kein Verstoss gegen ein richterliches Parkverbot, wenn Sie auf einem Privatareal ohne zu bezahlen parken, während es als öffentlicher Parkplatz zur Verfügung gestellt wird. Es ist unklar, ob in diesem Fall dennoch eine Umtriebsentschädigung geschuldet wäre – das Bundesgericht musste diese Frage nicht beantworten. Auf jeden Fall müsste in einem solchen Fall eine andere Forderungsgrundlage bestehen (z.B. Schadenersatz), weil kein Verstoss gegen ein richterliches Parkverbot besteht. Falls Sie eine Ordnungsbusse von der Polizei erhalten, sollten Sie diese auf jeden Fall bezahlen.

Formulierung des richterlichen Verbots

Die Verbotstafel muss eine eindeutige Formulierung des Verbots, der Berechtigten (z. B. Mieter:innen, Besucher:innen und Kund:innen) und der Sanktion (max. 2’000 Franken) aufweisen. Von einem generellen Parkverbot bis zu einem Verbot für bestimmte Fahrzeugkategorien oder eingeschränkten Parkzeiten ist bei der Formulierung alles möglich.

Oft fordern die Eigentümer:innen zusätzliche Handlungen wie beispielsweise das Bedienen einer Parkuhr, das Hinterlegen einer Parkkarte oder das Registrieren in einer App. Strittig ist, ob die Tafel diese Zusatzbedingungen enthalten muss oder nicht. Das Bezirksgericht Baden hat einen Autofahrer freigesprochen, weil der Hinweis fehlte, dass die Parkuhr auch für die ersten 15 Gratisminuten bedient werden muss. Auch der Statthalter von Affoltern am Albis hat das Verfahren eingestellt, weil der Hinweis fehlte, dass das Parken gebührenpflichtig sei. Das Zürcher Obergericht kam in einem ähnlich gelagerten Fall zum selben Schluss. Darüberhinaus vertreten auch Verkehrsrechtsexpert:innen diese Auffassung. Ob eine Tafel genügend klar oder vollständig formuliert ist, muss aber im Einzelfall entschieden werden.

Falls es auf dem Areal keine klar formulierte Tafel gibt, die auf das gerichtliche Parkverbot hinweist, müssen Sie keine Umtriebsentschädigung bezahlen.

Höhe der Umtriebsentschädigung

Die Eigentümer:innen dürfen ihre Umtriebe (z. B. Aufwand für Beweisfotos, Adressnachforschung, Buchhaltung, Porto und Kopien) in Rechnung stellen. Das Bundesgericht erachtete im Jahr 2014 eine Umtriebsentschädigung zwischen 30 und 52 Franken (BGer 6B_192/2014) als angemessen. Das Bezirksgericht Zürich befand im Jahr 2004 die Höhe von 120 Franken für eine Umtriebsentschädigung als unzulässig. Da die Urteile bereits einige Zeit zurückliegen, ist es durchaus möglich, dass Richter:innen aufgrund der Teuerung, Inflation und des richterlichen Spielraums auch eine höhere Umtriebsentschädigung als angemessen erachten würden.

Umtriebsentschädigungen bis 52 Franken sind auf jeden Fall zulässig. Entsprechend sollten Sie diese, sofern die Anforderungen an das Parkverbot erfüllt sind, begleichen. Mit Einberechnung der Inflation seit dem Bundesgerichtsentscheid sind wohl auch 56 Franken sicher noch zulässig.

Strafanzeige

Falls Sie die Entschädigung nicht bezahlen, kann die Eigentümer:in bei der Polizei innert drei Monaten Anzeige erstatten. Sobald der Eigentümer:in bekannt wird, wer die Parksünder:in ist (bzw. auf wen das Auto zugelassen ist), beginnt die Antragsfrist. Die Eigentümer:in hat der Anzeige ein Foto der Tafel sowie des unerlaubt geparkten Autos (mit Datum, Uhrzeit und Umgebung) beizulegen. Nach der Prüfung erlässt die Staatsanwaltschaft dann einen Strafbefehl, der jedoch keinen Eintrag ins Strafregister zur Folge hat. Um die Sachlage prüfen zu können, hat die Staatsanwaltschaft auch die Möglichkeit, gestützt auf Art. 101 Abs. 1 StPO, Akteneinsicht zu verlangen.

Die Maximalbusse für unerlaubtes Parken auf privatem Gelände beträgt 2’000 Franken. Die volle Ausschöpfung des Bussenrahmens ist jedoch für ausserordentliche Fälle vorbehalten. In der Regel entspricht die Busse einer üblichen Ordnungsbusse zwischen 40 und 100 Franken zuzüglich Verfahrenskosten von rund 200 Franken.

Wir empfehlen Ihnen deshalb, Umtriebsentschädigungen bis 60 Franken zu bezahlen, da Sie ansonsten weitere Kosten riskieren.

Besitzesstörung durch Parksünder:innen?

Im Kanton Zürich hat sich eine Autofahrerin erfolgreich gegen einen Strafbefehl gewehrt. Sie hatte für das Parkieren bezahlt, aber die bezahlte Parkzeit um 2 Stunden überschritten. Deshalb hat sie einen Strafbefehl wegen Missachtung eines gerichtlichen Verbots erhalten. Das Obergericht hat diesen mit Entscheid OGer/ZH SU210040-O/U/bs aufgehoben.
Das Obergericht entschied, dass die Eigentümer:in nicht in ihrem Besitz gestört war, weil sie den Parkplatz den Autolenkenden zur Verfügung stellte. Aus diesem Grund sei der Parkplatz als öffentliche Strasse anzusehen und damit das Strassenverkehrsgesetz und dessen Ausführungsbestimmungen anzuwenden. Das Gericht fand klare Worte und führte aus, dass richterliche Verbote nach Art. 258 ZPO nicht für das Eintreiben von allenfalls geschuldeten Parkgebühren existieren.

Es liegt gemäss Obergericht Zürich kein strafbarer Verstoss gegen ein richterliches Parkverbot vor, wenn der Parkplatz der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird.

Geschäftsmodell Umtriebsentschädigungen

Eigentümer:innen von Privatgrundstücken, auf denen es ein richterliches Parkverbot gibt, können ein Unternehmen mit der Ausstellung der privaten Parkbussen beauftragen. Folgende Unternehmen sind dafür bekannt, im Auftrag von Eigentümer:innen Umtriebsentschädigungen einzufordern:

  • A1 Abschleppservice GmbH
  • beppo AG
  • DARU-WACHE AG
  • Funkwache Zürich FWZ AG
  • National Protection Service 24 AG
  • noParking (Verein)
  • OPS360 GMBH
  • Polis GmbH
  • parkix GmbH
  • parkon GmbH
  • parkplatzkontrolle.ch GmbH
  • TowShare Group GmbH
  • Unisecur GmbH
  • VDL Verkehrsdienstleistungen GmbH (parkotect)

 

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