Wahlkampf mit Lockvogelpreis
Angebot und vor allem die Nachfrage bestimmen in der freien Marktwirtschaft den Preis eines Produkts. Viele Interessenten treiben den Preis in die Höhe, das Gegenteil passiert mangels Nachfrage.
In einem Jahr will der Bund ein überarbeitetes Produkt auf den Markt bringen: Der biometrische Pass soll obligatorisch werden, falls am 17. Mai die Mehrheit der Abstimmenden dies will. Bei diesem Pass10 werden einige Punkte angepasst an die Vorgaben der EU und der USA.
Der Preis spielt im Abstimmungskampf eine gewichtige Rolle. Der Bundesrat wirbt sogar mit “familienfreundlich”: 140 Franken kostet er, verglichen mit dem Pilotprojekt-Pass06 (250 Franken, gültig 5 Jahre!) ein Schnäppchenpreis und auch der Pass03 kostete bloss 20 Franken weniger, die Gültigkeitsdauer hier war 10 Jahre.
Der Preis wird im Wahlkampf prominent in den Vorgergrund gerückt. Unauffindbar ist aber die Information, wie streng der neue Pass erneuert werden muss. Daher startete ich anfangs letzte Woche eine Anfrage zur Gültigkeitsdauer vom Pass10 an das zuständige Bundesamt “fedpol”. Ich erhalte zweimal per Mail eine nichtssagende, ausweichende Antwort:
1) “Die Gültigkeitsdauer für den Pass10 wurde noch nicht festgelegt; es wurden zwei Varianten in die Vernehmlassung gegeben. Diese sehen für Erwachsene eine Gültigkeit von 5 resp. 10 Jahren vor.”
2) “Gemäss Vernehmlassung zur neuen Ausweisverordnung für den E-Pass soll der Pass10 für Erwachsene 140 Franken kosten.”
Die Antwort auf meine dritte Mail steht bis heute noch aus.
Der “familienfreundliche” Preis wurde also gesetzt, ohne zu wissen, wie lange die Gültigkeitsdauer sein wird. Das scheint mir keinesfalls ein familienfreundliches, sondern vielmehr ein gerissenes Vorgehen zu sein. Je nach Widerstand im Wahlkampf kann mit der Gültigkeitsdauer reagiert werden. Welches ökonomische Denken steckt hinter einem solchen Vorgehen?
Eigentlich warnen wir immer von Lockvogelangeboten. Diese Anbieter heben- besteht dann endlich eine Kundenbeziehung- die Preise massiv, um die Dumpingpreise und die damit eingefahrenen Verluste während der Werbephase auszugleichen. Ob solches auch bei den Strategen vom fedpol geplant ist?
Noch sind kleinere und grössere Fragen offen in der Vorlage über den biometrischen Pass. Mit einem “Nein” am 17. Mai muss sich der Bundesrat nochmals mit den unklaren Punkten auseinandersetzen und dem Stimmvolk anschliessend eindeutige Antworten präsentieren. Bleibt zu hoffen, dass diese neue Vorlage dem Prädikat “familienfreundlich” etwas mehr gerecht wird.
Sara Stalder
Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz