Sparen am falschen Ort
Etwa dreissig Franken sollen die Patientinnen und Patienten in die Hand nehmen, so denkt man im Bundesamt für Gesundheit laut nach, wenn man in Zukunft eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen will. Diese Gebühr soll dazu erziehen, unnötige Arztbesuche zu vermeiden und lieber zuerst in der Apotheke Rat oder Hilfe einzuholen. Nachdem die Versicherten bereits einen höheren Selbstbehalt und höhere Franchisen bezahlen müssen, die Krankenkassenprämien im nächsten Jahr um weitere zehn Prozent in die Höhe klettern, soll nun also noch eine Praxisgebühr hinzu kommen? Für eine vierköpfige Familie würde das bedeuten, dass ihre Gesundheitsausgaben pro Jahr zusätzlich um mehrere hundert Franken in die Höhe steigen würden. Getroffen würden mit dieser Massnahme Familien, Kinder und Leute mit einem kleinen Einkommen.
Es gibt andere, wirksamere Sparmassnahmen. Allerdings sind diese weniger einfach durchzusetzen: Während die Patientinnen und die Versicherten über keine wirkliche Lobby im Bundeshaus verfügen, kann beispielsweise die Pharmaindustrie ihre Interessen fast mühelos durchsetzen. Ihnen ist es zu verdanken, dass Parallelimporte von Medikamenten verboten bleiben und Herr und Frau Schweizer weiterhin unnötig hohe Medikamentenpreise, beziehungsweise Krankenkassenprämien bezahlen müssen.
Daran sollten Krankenkassen, Ärzte, Gesundheitsdirektoren und das Bundesamt für Gesundheit denken, wenn sie nächste Woche zusammensitzen und über mögliche Sparmassnahmen bei den Gesundheitskosten nachdenken. Vermutlich wird auch der Vorschlag einer Praxisgebühr diskutiert. Wir erwarten, dass die Gebühr unter diesen runden Tisch gewischt wird – alles andere wäre Sparen am falschen Ort.
Sara Stalder
Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz