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Medikamentenmargen: Bundesrat verteilt Geschenke – auf Kosten der Prämienzahlenden

Die heute bekanntgegebene Anpassung der Medikamentenmargen begünstigt einmal mehr die Apotheken, Ärztinnen und Spitäler – auf Kosten der Prämienzahlenden. Eine Korrektur der bisherigen Margenregelung ist überfällig und wichtig. Doch die Profiteure der bisherigen Regelung haben sich durchgesetzt. Der Konsumentenschutz und die Fédération romande des consommateurs (FRC) wurden erst involviert, als keine Verhandlungsbereitschaft mehr vorhanden war. Mit den neuen Margen werden günstige Medikamente stark verteuert, Dafalgan 1g beispielsweise um fast 70 %. Gleichzeitig werden kaum Kosten eingespart. Die Allianz der Konsumentenschutz-Organisationen (ACSI, FRC, Konsumentenschutz) kritisiert dies scharf und fordert eine deutliche Senkung der Medikamentenmargen aller Preisklassen.

Seit Jahren ist bekannt, dass die Medikamentenmargen in der Schweiz unverhältnismässig hoch sind. Laut dem Preisüberwacher und dem Krankenkassenverband santésuisse liegt ein Sparpotential von bis zu 458 Millionen Franken pro Jahr brach. Der Bundesrat beugt sich jedoch dem Druck der bisherigen Nutzniesser dieser zu hohen Margen und verzichtet darauf, dieses enorme Sparpotential auszuschöpfen. Damit lässt er eine der wenigen Möglichkeiten ungenutzt, den Prämienanstieg ohne Qualitätseinbusse spürbar zu dämpfen und die Prämienzahlenden endlich zu entlasten. Dies ist unverständlich, da die Bevölkerung durch Preissteigerungen in verschiedenen Alltagsbereichen bereits mehr als genug belastet ist.

Löbliches Ziel – missratene Umsetzung

Bislang waren die Margen stark vom Preis der Medikamente abhängig. Die nun beschlossene Vereinheitlichung der Medikamentenmargen reduziert den bisher vorhandenen Fehlanreiz, für einen maximalen Verdienst möglichst teure Medikamente abzugeben. Diese Zielsetzung ist sehr zu begrüssen, doch die Profiteure des bisherigen Systems lobbyierten massiv gegen eine wesentliche Senkung der Margen. Deshalb führt die nun beschlossene Umsetzung zur absurden Situation, dass der Kaufpreis von teuren Medikamenten zwar leicht sinkt, günstige Medikamente aber deutlich teurer werden. Insgesamt sollen dadurch lediglich 60 Mio. CHF eingespart werden.

Vereinheitlichung zu Lasten der Patientinnen

Wegen der Franchise zahlen Patientinnen günstige Medikamente oft aus der eigenen Tasche. Deshalb führt deren Verteuerung zu einer Umlagerung der Kostenlast auf die Patienten. Die Allianz der Konsumentenschutz-Organisationen kritisiert dies scharf und fordert den Bundesrat auf, das eingangs erwähnte Sparpotential voll auszuschöpfen. Die wirkungsvollste Lösung dafür liegt längst auf dem Tisch: Auf die Margenerhöhung bei günstigen Medikamenten ist zu verzichten. Stattdessen sollten die Medikamentenmargen aller Preisklassen und insbesondere die der teureren Medikamente viel stärker nach unten korrigiert werden. Weitere Möglichkeiten, um die Preiserhöhungen abzufedern, wurden gar nicht erst weiterverfolgt.

Konsumentenanliegen zu spät angehört

Die vom Bundesrat beschlossenen Änderungen folgen weitgehend einem Vorschlag von Apotheken, Ärzten und Spitälern. Die beiden Krankenkassenverbände waren uneinig: curafutura unterstützte den Vorschlag der Profiteure, santésuisse hingegen verweigerte die Unterstützung. Die Patientinnen und Konsumenten, die ein Interesse an möglichst tiefen Margen haben, sassen nicht am Verhandlungstisch. Konsumentenschutz und FRC wurden erst sehr spät informiert und involviert – zu einem Zeitpunkt, als keine Verhandlungsbereitschaft mehr vorhanden war. In zwei kurzfristig einberufenen Sitzungen im Herbst 2023 wurde auch eine weitere Variante, welche zu Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe geführt hätte, mehrheitlich abgelehnt. Auch hier behielten die Profiteure des Margensystems die Oberhand. Beim nun beschlossenen neuen Margenmodell handelt es sich also um keinen «Kompromiss», wie dies teils fälschlicherweise behauptet wurde.


Beispiel Preiserhöhung
Gemäss Berechnungen des Konsumentenschutzes

Dafalgan 1g, 16 Stk.
Preis inkl. Marge & MWST bisher: CHF 7.20
Preis inkl. Marge & MWST neu: CHF 12.15
Preiserhöhung: 69 %