Migros auf Abwegen, nicht nur beim Tierwohl

Die Migros ist auf Abwegen. Sie hält Versprechen nicht ein und krebst zurück, etwa beim Tierwohl. So will die Migros nicht mehr sicherstellen, dass importiertes Fleisch nach denselben Standards hergestellt wird wie das Schweizer Fleisch. Der Konsumentenschutz hat deshalb einen offenen Protestbrief der Tierschutz-Organisation Tier im Recht mitunterzeichnet. Des Weiteren bemängelt er auch die Rückschritte der Migros bei den Bio-Standards, dem Nutri-Score, der Gentechnologie und die überhöhten Preise, welche die Kund:innen über Jahre bezahlt haben.
Die Migros will in Zukunft Fleisch importieren, welches nicht nach den Standards der Schweizer Gesetzgebung produziert wurde: Dies ist der neuste Streich der Migros. Bislang hat die Migros nur Fleisch von Tieren importiert, die gemäss Schweizer Anforderungen gehalten wurden. Für die Konsument:innen war dies sehr hilfreich: Sie konnten sicher sein, dass auch importiertes Fleisch artgerecht hergestellt wurde.
Migros auf Abwegen
Mit dem Schweizer Standard ist jetzt Schluss, wie die Migros bekanntgab. Sie findet, dass es an den Konsument:innen sei zu entscheiden, ob sie die günstigeren Produkte auf Kosten des Tierwohls kaufen wollen. Konsument:innen, welche auf den Preis achten müssen, konnten bislang das Importfleisch kaufen, ohne befürchten zu müssen, dass das Fleisch mit tierquälerischen Methoden produziert wurde. Nun müssen Sie die Produkte über den M-Check vergleichen.
Gerade in diesen Zeiten, in denen immer mehr Konsument:innen genau hinschauen müssen, wie viel Geld sie ausgeben, ist das eine unverständliche Entscheidung. Es liegt in der Verantwortung der Migros, tierfreundliche Standards sicherzustellen und im Laden anzubieten. Der Konsumentenschutz hat deshalb einen offenen Brief der Tierschutzorganisation Tier im Recht und weiteren 65 Organisationen mitunterzeichnet. Darin wird von der Migros-Leitung verlangt, dass sie ihren Entscheid rückgängig macht.
Zurückbuchstabieren auch beim Bio-Standard…
2022 gab die Migros bekannt, dass sie auch bei Import-Bio-Produkten den höheren Standard von Bio Suisse einfordern will. Für die Konsument:innen wäre dies eine Vereinfachung: Denn verschiedene Standards bei den Bio-Labels sind verwirrend und intransparent. Von diesem Plan ist die Migros wieder abgekommen.
…bei der Gentechnologie…
Bislang garantierten die Schweizer Grossverteiler Coop und Migros, dass bei ihnen keine gentechnisch veränderten Produkte in den Regalen stehen. Die Konsument:innen verlassen sich darauf, ohne jedes Mal die Deklarationen prüfen zu müssen. Aber auch diese Gewissheit kommt ins Wanken. Die Migros zeigt sich offen der neuen Gentechnik gegenüber. Konsument:innen müssen in Zukunft vielleicht genau hinschauen, was sie kaufen, wenn sie gentechnisch veränderte Produkte meiden wollen. Vor allem besteht auch die Gefahr, dass diese neuen Gentechniken nicht deklariert werden müssen.
…beim Nutri-Score…
Die Migros hat sich 2021 dazu entschieden, auf ihren Produkten den Nutri-Score einzuführen. Ein wichtiger Schritt für die vereinfachte Nährwertdeklaration, denn die Migros ist nicht nur einer der beiden Grossverteiler im Schweizer Markt, sondern stellt viele Produkte auch selber her. Der Nutri-Score fasste dank der Migros in der Schweiz Fuss, bis sie im letzten Jahr einen Rückzieher machte. Der Nutzen des Nutri-Scores sei zu klein, der Aufwand zu gross. Dies ist ein grosser Rückschritt, denn Konsument:innen ohne grosses Vorwissen über Ernährung konnten auf einen Blick erkennen, wie ausgewogen ein Produkt ist. Das geht künftig nicht mehr.
…bei der Nachhaltigkeit…
Die Migros krebst auch bei ihren Nachhaltigkeitszielen zurück. Sie deklariert offen, dass Nachhaltigkeit in Zukunft gegenüber günstigeren Preisen zurückstehen muss. Dies trotz einer Strategie, welche den Konsument:innen über Jahre hinweg vermittelt hat, dass die Migros beim Umweltschutz vorwärtsmachen will. Auch bei anderen Nachhaltigkeitsversprechen nimmt sie es nicht so genau: Obwohl Produkte, die Wälder zerstören, nicht mehr verkauft werden sollten, sind sie weiterhin im Sortiment.
Die Migros muss sich wieder auf ihre DNA besinnen und Umwelt- und Tierschutz, Information und Transparenz sowie Nachhaltigkeit ins Zentrum stellen. Wichtiger scheinen Migros-Chef Mario Irminger jedoch tiefe Preise – nachdem man den Kund:innen während Jahren zu hohe Preise verlangt hat. Die Korrektur dieser Strategie darf jedoch nicht auf Kosten der Umwelt, des Tierwohls und der transparenten Information erfolgen.
Ergänzt am 6. Februar 2025