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Stromschock 2023: Wer hat in der Energiekrise abkassiert?

Die Stromrechnung für das Jahr 2023 war für viele Schweizer Haushalte ein Schock. Die Preise stiegen auf Rekordhöhe, teilweise um bis zu 800 Prozent. Auf den ersten Blick scheint die Ursache klar: Der Krieg in der Ukraine hat zu einer Gasknappheit geführt, und in Frankreich fielen die Atomkraftwerke aus.

Doch die Strompreise in der Schweiz sind nicht nur mitgestiegen, sondern lagen teilweise sogar über dem Niveau der teuersten Nachbarländer. Das lässt sich nicht allein durch die geopolitischen Spannungen erklären. Der Konsumentenschutz forderte daher bereits vor drei Jahren, dass die Elektrizitätskommission (ElCom) die Tariferhöhungen genauer untersucht. Der kürzlich veröffentlichte Bericht der ElCom zeigt: Zwei Akteurinnen haben entscheidend zur Preissteigerung beigetragen – die lokalen Energieversorgerinnen und die grossen Stromhändlerinnen.

Wie Händlerin und Versorgerin die Preise weiter trieben

• Im Sommer 2022 gab es kaum aktuelle Börsenpreise. Deshalb orientierten sich Händlerinnen wie Axpo, Alpiq und BKW an den Preisen der Nachbarländer. Dabei griffen sie jedoch auf besonders hohe Vergleichswerte zurück und rechneten zusätzliche Risikoprämien hinzu – ohne zu prüfen, ob diese bereits im Ausgangspreis enthalten waren. Das trieb die Strompreise künstlich in die Höhe.

• Gleichzeitig gerieten viele der kleinen, regionalen Energieversorgerinnen unter Zeitdruck, da sie ihren Strom für das Folgejahr noch nicht eingekauft hatten. Da das Angebot auf dem Markt besonders knapp war, traf eine grosse Nachfrage auf ein kleines Angebot. Die Preise stiegen noch weiter an. Die Energieversorgerinnen nahmen die teuren Angebote der Händlerinnen aber in Kauf – denn sie konnten die hohen Kosten einfach an die Konsument:innen weitergeben.

• Da der Schweizer Markt nur teilweise in den europäischen Stromhandel eingebunden ist, war die Schweiz für ausländische Händlerinnen mit Unsicherheiten behaftet. Viele zögerten daher, auf dem Schweizer Markt aktiv zu werden. Die Folge: Noch weniger Liquidität, noch weniger Angebote und die Preise stiegen weiter.

Fehlentscheide und Marktversagen

Der Stromschock 2023 war daher nicht nur Folge der Energiekrise, sondern auch hausgemacht. Händlerinnen und Versorgerinnen handelten vorschnell, unprofessionell und wenig überlegt. Dadurch entstanden überteuerte Preise, die am Ende die Bevölkerung zahlen musste. Der Konsumentenschutz kritisiert dieses Vorgehen und fordert mehr Verantwortung von den Akteurinnen: Es braucht stabile und faire Stromreise für Konsument:innen statt eine spekulative Preisbildung.
Die Krise zeigt auch, dass es im Schweizer Strommarkt grundlegende Schwächen gibt. Um künftig besser gewappnet zu sein, braucht die Schweiz eine stärkere Anbindung an den europäischen Strommarkt. Das Stromabkommen im Rahmen der bilateralen Beziehungen mit der EU wäre daher ein wichtiger Schritt – es sichert den Zugang zum europäischen Strommarkt und verbessert die Zusammenarbeit. So können Strompreise auch in Krisenzeiten stabil und fair bleiben.