Wie manipulieren mich Dark Patterns in Spiele-Apps?
Der Konsumentenschutz hat beliebte Spiele-Apps auf Dark Patterns durchleuchtet. Die Untersuchung zeigt: wo In-App-Käufe angeboten werden, sind Dark Patterns nicht weit. Wie diese funktionieren, zeigen wir Ihnen hier.
Dark Patterns sind manipulative beziehungsweise täuschende Designs, die Unternehmen bei der Gestaltung der Bedienungsoberflächen ihrer Webseiten und Spiele-Apps nutzen. Damit wollen Entwicklerinnen Sie dazu bringen, gegen Ihre eigenen Interessen zu handeln – oft drängen die Entwickler:innen Ihnen dabei etwas auf, das Sie ohne Dark Patterns nicht kaufen würden. Das können wenige Franken sein oder in eine regelrechte Spielsucht führen. Gerade Kinder sind für solche manipulativen Bedienungsoberflächen anfällig, was für die Eltern zu hohen Kosten durch In-App-Käufe führen kann. Auch ist die Anfälligkeit, für eine durch Dark Patterns in Mobile Games erzeugte Sucht, bei Kindern besonders hoch.
Mit etwas Hintergrundwissen zu Dark Patterns durchschauen Sie das Spiel der Entwickler:innen. Denn sobald Sie die Funktionsweisen der Dark Patterns verstehen und sie als manipulative Designs wahrnehmen, wird die Erfolgsquote dieser Täuschungsversuche massiv abgeschwächt.
Von zeitbasiert bis psychologisch – vier Arten von Dark Patterns in Spiele-Apps
Dark Patterns lassen sich in unterschiedliche Arten (unten finden Sie die wichtigsten für Mobile Games) einteilen. Die manipulativen Designs werden danach unterschieden, wie sie auf die Nutzer:innen einwirken und versuchen, diese zu manipulieren. Die Unterscheidung in mehrere Kategorien bedeutet aber nicht, dass in einer Spiele-App nur eine Art von Dark Pattern vorkommt. Tatsächlich setzen Entwickler:innen praktisch immer eine Kombination mehrerer täuschender Designs ein, die sich gegenseitig in ihrer Wirkung ergänzen und verstärken.
Zeitbasierte Dark Patterns in Mobile Games
Mit diesen Dark Patterns sorgen Entwickler:innen dafür, dass Spieler:innen möglichst viel und regelmässig spielen. Denn so ist die Chance am grössten, dass Sie als Spieler:in In-App-Käufe tätigen und damit zu den gigantischen Umsätzen der Entwickler:innen beitragen. Dabei greifen die Entwickler:innen tief in die Trickkiste, um die Konkurrent:innen auszustechen. So erhalten Spieler:innen tägliche Belohnungen und Zusatzbelohnungen, wenn sie zu bestimmten Zeiten spielen.
Spielen nach Termin & Battle Pass
Statt Ihnen die Entscheidung zu überlassen, wann Sie spielen möchten, haben einige Spiele-Apps fixe Zeiten, zu denen Sie spielen sollen. Oft ist das im Rahmen von sogenannten Events der Fall, bei denen besondere Belohnungen winken. So konditioniert das Spiel Spieler:innen dazu, während der Events, also auf Abruf, zu spielen.
Ähnlich beim sogenannten Battle Pass: Spieler:innen erhalten einen Pass mit mehreren Stufen, ähnlich einer Stempelkarte. Beim Erreichen jeder Stufe wird diese als erreicht abgestempelt und es winkt eine virtuelle Belohnung. Die Gratisversion bringt weniger Belohnungen, die Premium-Variante mit mehr Belohnungen kostet oft 5 bis 10 Franken. Spieler:innen können den Pass nur innerhalb einer gewissen Zeit (1 bis 3 Monate) vervollständigen. Dann kommt der nächste Battle Pass. Die Spieler:innen werden so dauernd ermutigt, möglichst viel zu spielen, um Belohnungen zu erhalten.

Tägliche Belohnungen & Grinding
Auch tägliche Belohnungen sind eine manipulative Bedienungsoberfläche, die Spieler:innen zum regelmässigen Spielen konditionieren soll. Die täglichen Belohnungen erhalten Sie an jedem Tag, an dem Sie spielen. Oft belohnt das Spiel Sie als Spieler:in zusätzlich, wenn Sie mehrere Tage hintereinander spielen – verpassen Sie einen Tag, wird Ihre Belohnungsserie zurückgesetzt und Sie müssen wieder von vorne anfangen.
Gleichzeitig sorgen repetitive Aufgaben (Grinding) dafür, dass Sie immer länger spielen müssen, um im Spiel fortzuschreiten. Um rasch vorwärtszukommen, müssen Sie früher oder später echtes Geld für virtuelle Spielwährungen ausgeben. Danach geht es wieder rascher vorwärts, bis die erkauften Vorteile enden und die Stagnation wieder einsetzt. Ein Teufelskreis, bei dem Spieler:innen immer mehr Geld ausgeben.

Monetäre manipulative Designs
Bei diesen täuschenden Designs geht es direkt ums Geld der Spieler:innen. Die Spiele sind gezielt so gestaltet, dass Spieler:innen mit echtem Geld direkte Vorteile im Spiel kaufen können. Damit die Käufe überhaupt möglich sind, muss das Geld zuerst in eine Spielwährung umgewandelt werden.
Wartezeiten überspringen & bezahlen, um zu gewinnen
Besonders in sogenannten Aufbauspielen (wie Hay Day oder Clash of Clans), aber auch in Casual-Games (wie Candy Crush) ist Warten ein Teil des Spiels. Dabei ist es egal, ob Sie für neue Spielzüge oder bis zum vollständigen Aufbau Ihres Gebäudes warten müssen. Sie erhalten meist eine Möglichkeit, diese Wartezeit zu verkürzen: entweder indem Sie eine Werbung schauen oder mit einer virtuellen Währung bezahlen.
In den von uns getesteten Spielen wurden die Spieler:innen von Anfang an daran gewöhnt, die Wartezeiten zu überspringen. Während das zu Spielbeginn noch kostenlos ist, fallen dafür später Kosten an. Entweder direkt mit der Ingame-Währung oder indirekt über das Schauen von Werbung. Zusätzlich steigt die Wartezeit mit zunehmendem Spielfortschritt stets an, sodass Spieler:innen weiter zu Mikrotransaktionen gedrängt werden.
Ein besonders starkes Dark Pattern in (Mobile-)Games sind kaufbare Spielvorteile, die die Gewinnchancen (oft gegenüber anderen Spieler:innen) klar erhöhen. Dabei spricht man von «pay to win», also bezahlen, um zu gewinnen. Ohne die Bezahlung ist die Gewinnchance deutlich kleiner.


Eigene Spielwährung
In allen untersuchten Spiele-Apps gibt es eine eigene Spielwährung (z. B. Diamanten, Goldmünzen). Je nach Spiel erhalten Spieler:innen eine kleine Menge davon kostenlos, zum Beispiel am Start oder während Events. Ansonsten muss dieses Spielgeld über den Apple App Store oder den Google Play Store gekauft werden. Bezahlen können Sie unter anderem per Debit- oder Kreditkarte, mit Guthaben oder über Ihre Sunrise- beziehungsweise Swisscomrechnung. Das Problem dabei: Mit der Umwandlung von echtem Geld in eine Spielwährung geht der Bezug zum Geld verloren. Und damit fällt auch der sogenannte Schmerz des Bezahlens völlig weg. Gleichzeitig kann die Spielwährung von einem Tag auf den nächsten wertlos werden, wenn das Spiel kurzfristig eingestellt wird.

Soziale Dark Patterns in Spiele-Apps
Manipulative Bedienungsoberflächen knüpfen auch an soziale Eigenschaften an. Dabei geht es immer um das Zusammenspiel mit anderen Personen – entweder um bestehende Mitspieler:innen oder um das Anwerben von neuen Spieler:innen. Die Entwickler:innen nutzen sowohl Verpflichtungsgefühle als auch Belohnungen für das Anwerben von neuen Spieler:innen.
Soziale Pyramidensysteme & Verpflichtungen
Ein in den Mobile-Games oft gefundenes Dark Pattern ist das soziale Pyramidensystem. Wie bei einem echten Pyramidensystem geht es auch hier um das Anwerben möglichst vieler neuer Personen. Bestehende Spieler:innen erhalten dabei Belohnungen, wenn sie andere Personen zum Spiel einladen.
Viele Spiele manipulieren Spieler:innen auch über soziale Verpflichtungsgefühle. So werden Spieler:innen für zeitlich drängende Aufgaben in Teams mit anderen Spieler:innen eingeteilt. Durch bewusst prominente Präsentation des Teams wird das Schuldgefühl erzeugt, die Mitspieler:innen im Stich zu lassen, wenn bei der Aufgabe nicht mitgemacht wird.

Freund:innen: Spammen & Beschenken
Dieses täuschende Design klingt für Spieler:innen erst einmal ausgezeichnet: Sie können ihre Freund:innen kostenlos (meist einmal pro Tag) beschenken. Die Freund:innen können ihnen ihrerseits ebenfalls Geschenke zusenden, falls sie mitspielen. Wie oben erwähnt, kann dadurch auch ein Verpflichtungsgefühl entstehen. Spieler:innen werden dabei über Notifications auch ausserhalb der App daran erinnert, dass sie weiterspielen sollen. Sie können so aber auch Freund:innen ohne jegliches Interesse am Spiel mit Einladungen dazu belästigen.

Psychologische täuschende Designs
Entwickler:innen nutzen in ihren Spiele-Apps auch psychologische Dark Patterns. Dabei kommen gut erforschte psychologische Phänomene und Muster zum Einsatz, um Spieler:innen an das Mobile Game zu binden. Neben Wahrnehmungsverzerrungen wird auch der menschliche Sammeltrieb ausgenutzt, um Sie als Spieler:in davon abzuhalten, sich bald wieder von der Spiele-App zu lösen.
Besitztumseffekt & Verlustaversion
Der Besitztumseffekt ist ein psychologisches Phänomen, das Menschen den Wert ihres Besitzes überbewerten lässt. Das funktioniert sowohl bei virtuellen Gegenständen als auch beim Spielefortschritt. Selbst wenn diese objektiv gesehen wertlos sind, fällt es Menschen äusserst schwer, sich von der Spiele-App und ihren «Errungenschaften» darin zu trennen. Nahezu alle (Mobile) Games nutzen diesen Effekt aus: mit Levels, virtuellen Gegenständen oder Guthaben in der Spielwährung. Oft erhalten Spieler:innen schon sehr früh im Spiel virtuelle Gegenstände geschenkt, die diesen Effekt hervorrufen.
Die Verlustaversion beschreibt die menschliche Tendenz, bei einer Entscheidung Verluste stärker zu gewichten als Gewinne. Spieler:innen fällt das Löschen einer App also schwerer, wenn sie das Gefühl haben, dadurch etwas zu verlieren – sei es der erspielte Fortschritt oder das bereits ausgegebene Geld.

Sammelleidenschaft & künstliche Verknappung
Menschen neigen dazu, Dinge zu sammeln. Dieser Sammeltrieb gilt nicht nur für physische, sondern auch für virtuelle Güter. Insbesondere dann, wenn die virtuellen Objekte nur während kurzer Zeit erhältlich und/oder besonders selten (z. B. via Lootboxen) sind. Auch das ist eine Form von manipulativen Designs: Die Entwickler:innen der Spiele-Apps setzen darauf, bei den Spieler:innen den Sammeltrieb auszulösen und durch künstliche Knappheit zu verstärken. Häufig nutzen sie dafür sich rasch ändernde Angebote, sodass Spieler:innen Angst bekommen, das virtuelle Objekt zu verpassen (FOMO, fear of missing out).

Manipulative Designs umgehen
Alle von uns getesteten kostenlosen Spiele-Apps mit In-App-Käufen haben Dark Patterns verwendet. Sobald eine Spiele-App also In-App-Käufe anbietet, ist die Chance gross, dass sie manipulative Designs enthält. Umgekehrt gilt: Bezahlte Spiele und Spiele ohne In-App-Käufe setzen deutlich weniger täuschende Designs ein. Auf der englischsprachigen Webseite darkpattern.games können Nutzer:innen Dark Patterns bei Spiele-Apps bewerten. Die Webseite kann bei der Abklärung, ob ein Mobile Game besonders manipulativ ist, hilfreich sein. Da die Bewertungen aber von anonymen Nutzer:innen stammen, variiert die Aussagekraft und Qualität der Bewertungen stark.
Aber auch in Spielen mit Dark Patterns können Sie den manipulativen Bedienungsoberflächen widerstehen: Wie in der Einleitung erwähnt, hilft es bereits, dass Sie sich mit diesem Online-Ratgeber informiert haben. Das hebt die Wirkung der täuschenden Designs zwar nicht auf, schwächt sie aber erheblich ab. Für Kinder und Personen, die zu Suchtverhalten neigen, empfehlen wir In-Game-Käufe einzuschränken oder zu deaktivieren. Das Setzen von maximalen monatlichen Limiten für Käufe im App oder Play Store ist bisher leider nicht möglich. Daran haben die Stores auch kein Interesse, denn sie verdienen an den Milliardenumsätzen durch In-App-Käufe kräftig mit.
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