Was muss ich bei Multi-Level-Marketing beachten?
Personen, die auf der Suche nach einem Nebenverdienst sind, kommen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Multi-Level- und Network-Marketing in Berührung. Dabei werden oft Versprechungen gemacht, die sich für die meisten Teilnehmenden nie erfüllen. Für manche endet der Traum von der finanziellen Unabhängigkeit sogar in der Schuldenfalle.
Multi-Level-Marketing (MLM) und Network-Marketing werden umgangssprachlich oft als Schneeball- oder Pyramidensysteme bezeichnet. MLM und Network-Marketing sind als Vertriebsmodelle grundsätzlich legal, während Schneeball- und Pyramidensysteme in der Schweiz illegal sind. Da die Übergänge zwischen den legalen Geschäftsmodellen und den illegalen Betrugsmaschen fliessend sind, ist je nach Unternehmen eine Abgrenzung oft schwierig.
Was ist Multi-Level-Marketing oder Network-Marketing?
Multi-Level-Marketing ist eine Form des Direktvertriebs, bei dem Teilnehmende die Produkte selbständig an neue Kund:innen verkaufen. Die Verkäufer:innen erhalten einen prozentualen Anteil am Verkaufspreis, sind aber selbständig und erhalten keinen Lohn vom Unternehmen, dessen Produkte sie vertreiben. Neben dem eigentlichen Verkauf verdienen Verkäufer:innen anteilsmässig mit, wenn von ihnen neu angeworbene Teilnehmende ebenfalls Produkte verkaufen. Mit anderen Worten: Anstelle der Mitarbeitenden verkaufen Kund:innen die Produkte selbst an andere Kund:innen. Zusätzlich können sie diese als neue Verkäufer:innen rekrutieren und erhalten damit Provisionen für deren Verkäufe. Dieses Vertriebsmodell ist grundsätzlich legal. Besonders Frauen und weiblich gelesene Personen werden oft und gerne als Verkäufer:innen rekrutiert.
Typische Produkte, die über Multi-Level-Marketing und Network-Marketing vertrieben werden:
- Haushaltsprodukte wie Staubsauger und Küchenmaschinen
- Wellnessprodukte: Nahrungsergänzungsmittel, Diät- und Gewichtabnahmeprodukte
- Kosmetikprodukte
- Produkte mit angeblicher Heilwirkung
Ist Multi-Level-Marketing oder Network-Marketing verboten?
Diese Vertriebssysteme sind nicht per se illegal, jedoch ist es ein fliessender Übergang zwischen legaler Verkaufsstruktur (MLM oder Network-Marketing) und dem illegalen Schneeballsystem. Oft braucht es für die eindeutige Einordnung Insider-Wissen zum Unternehmen.
Ein illegales Schneeballsystem liegt bestimmt dann vor, wenn Vorteile für Teilnehmer:innen nur durch die Anwerbung neuer Teilnehmenden entstehen und der Verkauf von Waren und Dienstleistungen klar in den Hintergrund tritt. Anders gestaltet sich das beim erlaubten MLM: hier werden tatsächlich marktfähige Produkte verkauft.
Wir empfehlen Ihnen, sich immer vorab umfassend über das Unternehmen zu informieren, bevor Sie an einem solchen Vertriebssystem teilnehmen. Vorsicht ist angebracht, wenn Sie direkt beim Anwerben dazu gedrängt werden, neue Leute für das System zu gewinnen. Wir empfehlen Ihnen, in solchen Fällen die Finger davon zu lassen. Denn wer vorsätzlich bei einem illegalen Schneeballsystem aktiv neue Teilnehmer:innen anwirbt, macht sich strafbar (Art. 3 .Abs. 1 lit. r UWG; Art. 23 UWG). Ausserdem beschlagnahmt der Staat die erzielten Erlöse.
Probleme & Kritik an der Vertriebsmethode
Multi-Level-Marketing ist in mehrfacher Hinsicht problematisch, sowohl für Verkäufer:innen als auch für Kundschaft.
Finanzieller Erfolg und Risiken
Verkäufer:innen müssen sich bewusst sein, dass sie im Regelfall nicht nach kurzer Zeit tausende von Franken an Gewinn erzielen. Bei Herbalife verdienten 2022 die oberen 50 % durchschnittlich mehr als 153 Franken, die obersten 10 % über 1’420 Franken und die top 1 % mindestens 10’909 Franken brutto monatlich. Diese Angaben beziehen sich gemäss Herbalife nur auf das knappe Fünftel der Mitglieder, das überhaupt Boni oder Provisionen von Herbalife erhalten hat. Bei über 80 % der fast 2 Millionen Mitglieder war das nicht der Fall. Es gilt deshalb: Bleiben Sie mit Ihren Einkommenserwartungen realistisch.
Obwohl die finanziellen Auslagen für die Händler:innen überschaubar scheinen, ist das Verkaufen der Produkte für sie mit Kosten verbunden. Geld, das für eine eigene Webseite, Produkte, Werbung oder die Verkaufsevents ausgegeben wird, müssen Verkäufer:innen mit Umsätzen wieder hereinholen. Das kann dazu führen, dass sie als Verkäufer:in unterm Strich einen Verlust machen.
Kritik von der US-Amerikanischen Federal Trade Commission (FTC)
Die FTC hat die von 70 MLM–Unternehmen publizierten Einkommenstabellen analysiert. In einem 95 Seiten starken Report (Englisch) zeigt die US-Amerikanische Konsumentenschutzbehörde auf, weshalb die von MLM-Unternehmen kommunizierten Einkommenstabellen problematisch sind. So wird gemäss FTC bei den meisten Network-Marketing-Unternehmen geschummelt: Personen, die kein oder wenig Einkommen mit Produktverkäufen erzielen, würden erst gar nicht in die Tabelle aufgenommen. Und auch die Ausgaben der Verkäufer:innen werden ausgeblendet. Damit werden die Tabellen inhaltlich beschönigt. Auch visuell täuschen die Tabellen laut der FTC: Hohe Einkommen würden hervorgehoben, auch wenn nur eine kleine Anzahl der MLM-Teilnehmer:innen diese erzielt.
Sozialer Druck
Bei den Verkaufsveranstaltungen werden Sie als potenzielle Käufer:in oder sogar potenzielle Verkäufer:in sozial unter Druck gestellt. Teils werden emotionalisierende Verkaufstaktiken genutzt oder Ängste geschürt, «die grosse Chance» zu verpassen. Dabei informieren die Verkäufer:innen oft überschwänglich über die hohen erzielten Gewinne. Falls Sie jemand unter Druck setzt, sollten Sie das Verkaufsgespräch sofort beenden oder verlassen.
Kontaktaufnahme
Frischgebackene Verkäufer:innen nutzen beim Network-Marketing zunächst ihre eigenen sozialen Kontakte zum Vermarkten «ihrer» Produkte oder Dienstleistungen. Oft schreiben sie dabei über Messenger-Apps und soziale Medien auch Personen an, mit denen sie schon seit längerem keinen Kontakt mehr gepflegt haben. Sollten Sie eine solche Nachricht erhalten und kein Interesse haben, empfehlen wir Ihnen, gar nicht erst darauf zu reagieren, die Person zu entfernen/blockieren und schon gar nicht an einem Treffen teilzunehmen. Solche Kontaktaufnahmen werden regelmässig mit einer Nachricht à la «Hey, lange nichts mehr von dir gehört. Wie gehts dir?» eingeleitet.
Kauf aus Gefälligkeit
Wenn Sie mit der Verkäufer:in befreundet sind, fühlen Sie sich womöglich zu einem Kauf verpflichtet. Beachten Sie, dass die Verkäufer:in je nach Produkt, beispielsweise bei Kosmetik oder Nahrungsergänzungsmittel, nach dem Kauf immer wieder fragen wird, ob Sie noch mehr kaufen möchten. Falls Sie keine Interesse haben, sollten Sie das klar kommunizieren.
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