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Geoblocking-Verbot: Diese zwölf Online-Shops stoppen verbotene Weiterleitung

Der Konsumentenschutz hat im März 2023 zwölf Online-Händler kontaktiert, die mutmasslich gegen das Geoblocking-Verbot verstiessen. Darunter sind auch bekannte Marken wie Nespresso, Calida und Joop. Sämtliche Online-Anbieter haben die automatische Weiterleitung vom ausländischen zum Schweizer Online-Shop aufgehoben oder diese Massnahme zugesichert. Der Konsumentenschutz zieht insgesamt eine positive Bilanz über das Geoblocking-Verbot, das seit Anfang 2022 in Kraft ist: Die Vorschriften werden sowohl im Ausland als auch in der Schweiz gut eingehalten und helfen mit, die Hochpreisinsel Schweiz zu beseitigen.

Seit 1. Januar 2022 ist die Benachteiligung von Kundinnen und Kunden aus der Schweiz im Online-Handel gesetzlich verboten. Online-Shops, die Kunden ungefragt auf eine andere Website umleiten oder übliche Schweizer Bezahlkarten nicht annehmen, verhalten sich unzulässig. Seit Einführung der neuen Bestimmungen im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) hat der Konsumentenschutz rund 1000 Meldungen erhalten, wobei viele Shops mehrfach genannt wurden. Nicht alle beanstandeten Geschäftspraktiken waren gesetzeswidrig: «Wenn zum Beispiel ein deutscher Online-Shop ein Produkt für 100 Euro anbietet, muss er dieses nicht zum gleichen Preis in die Schweiz liefern. Zwingend ist lediglich die Lieferung an eine deutsche Adresse, wo der Kunde aus der Schweiz die Ware abholen oder sich von dort aus weitersenden lassen kann», erklärt Sara Stalder, Geschäftsleiterin des Konsumentenschutzes. Ebenfalls zulässig sei das Betreiben einer ausländischen und einer Schweizer Website mit unterschiedlichen Preisen.

 

Zwölf Online-Shops beenden automatische Weiterleitung

Nach der Auswertung der Meldungen hat der Konsumentenschutz zwölf Online-Shops aus Deutschland, Österreich, den Niederlanden und der Schweiz kontaktiert (siehe Tabelle 1). Darunter sind auch bekannte Marken wie Nespresso, Calida und Joop. Alle praktizierten eine automatische Weiterleitung von einer oder mehreren ausländischen Webseite(n) auf eine schweizerische. Bei fünf Anbietern (Blacksocks, Calida, Hess Natur, Nespresso und Strellson/Joop) konnte über Umwege die ausländische Webseite doch noch auch aus der Schweiz aufgerufen werden, zum Beispiel in dem man die Webseite-Adresse mit der Endung .com/ch manuell auf .com/de änderte. Bei sieben Anbietern (Bea Antriebstechnik, Biber Versand, Braun Büffel, Ecobrotbox, Faie, Inkster und Repeat Cashmere) war der Aufruf der ausländischen Webseite nur mit der Verwendung eines VPN-Clients möglich. VPN-Clients simulieren einen anderen Standort des Internetnutzers, zum Beispiel Deutschland anstelle der Schweiz.

Sämtliche angeschriebenen Online-Shops haben die automatische Weiterleitung von Kunden aus der Schweiz beendet oder werden dies zeitnah tun. «Gegner des Geoblocking-Verbots haben bei der Beratung des Gesetzes im Parlament oft vorgebracht, die Regelung lasse sich im Ausland nicht durchsetzen. Die Praxis sieht bisher anders aus. Nicht nur die Schweizer, sondern auch alle kontaktierten ausländischen Shops leisten den neuen Bestimmungen Folge», sagt Sara Stalder und verweist dabei auch auf andere Beispiele: «Bereits letztes Jahr haben die deutschen Anbieter TUI, Thomann, Kare und Waschbär ihre Geschäftspraxis geändert.»

Tabelle 1: Intervention des Konsumentenschutzes bei Online-Anbietern Frühling 2023

Online-Shop Weiterleitung von Weiterleitung aufgehoben* Aufhebung geplant
Bea Antriebstechnik / Pink Antriebstechnik bea-antriebstechnik.de auf pink-antriebstechnik.ch
Biber Versand biber.de biber.at
Blacksocks blacksocks.de
Braun Büffel braun-bueffel.de
Calida calida.de calida.it
Ecobrotbox ecobrotbox.de
Faie faie.de faie.at
Hess Natur hessnatur.de hessnatur.at
Inkster inkster.de  inkster.at
Nespresso nespresso.de
Repeat Cashmere repeatcashmere.com/de und weitere Ländershops  

Strellson / Joop!** strellson.de  joop.de

 

* Stand: 12. April 2023

** Strellson und Joop! sind Marken der Strellson AG / Holy Fashion Group

Lesebeispiel: Biber Versand leitete Webseitenbesucher aus der Schweiz von www.biber.de und www.biber.at direkt auf www.biber.ch weiter. Die Weiterleitung wurde inzwischen aufgehoben.

 

Preisunterschiede teilweise sehr gross

Automatische Weiterleitungen werden oft eingesetzt, um Kunden aus der Schweiz auf den ungerechtfertigt teureren Schweizer Shop umzuleiten. Tatsächlich gibt es bei den zwölf Anbietern teilweise sehr grosse Preisunterschiede zwischen den verschiedenen Ländershops. Der Konsumentenschutz hat bei einer Stichprobe Preisunterschiede von 30, 40, 50% oder sogar mehr gefunden, obwohl die Mehrwertsteuer in der Schweiz deutlich tiefer ist als in Deutschland:

 

Tabelle 2: Preisunterschiede bei ausgewählten Online-Shops (Stichprobe)

Shop Produkt Preis Deutschland (CHF) Preis Schweiz (CHF) Zuschlag Schweiz
Biber Versand Glasauflaufform 22.72 34.95 53.8%
Biber Versand Wasserkessel Kupfer 513.81 698.– 35.8%
Faie Schnapsfass 23.71 32.40 36.7%
Faie Traktor Starter 206.91 282.– 36.3%
BEA Antriebstechnik / Pink Antriebstechnik Spannsatz Stahl BK080100125 116.92 181.20 55.0%
BEA Antriebstechnik / Pink Antriebstechnik Schalenkupplung SSGBRR040 221.66 311.85 40.7%

Stand 6.4.2023  Wechselkurs 1 EUR = 0.99 CHF

 

Bei grossen Preisunterschieden kann sich eine Bestellung beim ausländischen Shop lohnen: «Dank dem Geoblocking-Verbot können Kunden aus der Schweiz auch bei ausländischen Shops bestellen. Die Ware können sie an eine Lieferadresse in Grenznähe senden lassen und selber abholen oder durch einen spezialisierten Anbieter nach Hause weiterschicken lassen», sagt Sara Stalder. Ziel des Geoblocking-Verbots sei jedoch, dass der Schweiz-Zuschlag bald verschwindet oder deutlich kleiner wird und kein Umweg übers Ausland mehr nötig ist. Dies sei bei vielen Online-Shops, insbesondere bei Elektronikprodukten, bereits heute der Fall. Sogar bei den zwölf angeschriebenen Shops gebe es gute Beispiele: «Bei Blacksocks sind die Preise für Schweizer und deutsche Kunden sehr ähnlich. Auch bei Calida kosten viele Produkte gleich viel wie in Deutschland.»

 

Zwischenbilanz Geoblocking-Verbot

Insgesamt zieht der Konsumentenschutz eine positive Zwischenbilanz über die Einführung des Geoblocking-Verbots: «Die allermeisten Shops befolgten von Anfang an die neuen Regeln. Und jene, die wir auf einen mutmasslichen Verstoss hingewiesen haben, änderten ihre Geschäftspraxis», konstatiert Stalder. Das Geoblocking-Verbot schaffe Preis-Transparenz und etabliere neue Bezugskanäle – auch für Produkte, die sonst gar nicht in der Schweiz erhältlich wären. Nicht zu vergessen seien auch die Auswirkungen auf Dienstleistungen: «Ob Reisen, Mietwohnungen, Hotels, Automiete oder viele andere Dienstleistungen: die Kundinnen und Kunden aus der Schweiz haben Anrecht auf die gleichen Bedingungen wie ausländische Kunden.»

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Der Konsumentenschutz engagiert sich seit Jahren gegen überhöhte Preise von Importprodukten und lancierte deshalb 2016 zusammen mit Partnern die Volksinitiative «Fair-Preis-Initiative». Diese wurde von den Initianten zurückgezogen nachdem das Parlament einen wirkungsvollen Gegenvorschlag beschlossen hatte, der am 1. Januar 2022 in Kraft trat. Seither dürfen Konsumentinnen und Konsumenten aus der Schweiz beim Online-Shopping nicht mehr diskriminiert werden. Der Konsumentenschutz nimmt weiterhin Meldungen zu mutmasslichen Verstössen gegen das Geoblocking-Verbot entgegen.