Woran erkenne ich ein illegales Schneeballsystem?
Traumhafte Strände, exklusive Partys und schnelle Autos – so werben junge attraktive Menschen im Internet für ein passives Einkommen und finanzielle Unabhängigkeit. Das Versprechen lautet: ein Leben in Saus und Braus. Dahinter steckt aber oft ein fragwürdiges Geschäftsmodell – auch Pyramiden- oder Schneeballsystem genannt. Hier erfahren Sie, wie solche Strukturvertriebe funktionieren und wie Sie diese erkennen können.
Die Begriffe Schneeballsystem und Pyramidensystem werden häufig als Synonyme für Multi-Level-Marketing und Network-Marketing verwendet. Tatsächlich gibt es Parallelen zwischen den Vertriebsmodellen, aber auch wichtige Unterschiede. Dennoch ist es oft schwierig, genau zwischen illegalen Schneeball- oder Pyramidensystemen und legalem Multi-Level-Marketing und Network-Marketing zu unterscheiden.
Was ist ein Schneeballsystem?
Ein Schneeballsystem oder Pyramidensystem ist eine illegale Vertriebsform, bei der es vorrangig um die Anwerbung von weiteren Teilnehmer:innen geht – und nicht oder nur stark untergeordnet um den Verkauf von Produkten. Nur durch diese Rekrutierung können die Mitglieder Geld verdienen, beispielsweise in Form von Provisionen. Damit grenzen sie sich vom Multi-Level-Marketing und Network-Marketing ab, denn dort geht es hauptsächlich um den Verkauf von Produkten.
Typische Produkte, hinter denen sich Pyramidensysteme oft verstecken, sind:
- Kurse für Aktien, Devisen- und Kryptohandel, die von sogenannten Business-Coaches angeboten werden.
- Mentoring-Programme und Seminare für Motivations- und Persönlichkeitsentwicklung, die von Life-Coaches veranstaltet werden.
- Investments aller Art, etwa mit angeblichen Cannabis-Pflanzen (z.B. Juicy Fields) oder mit Kryptowährungen.
Zudem gibt es Schneeballsysteme, bei denen gar kein Produkt existiert: Schenkkreise, die früher als Kettenbriefe bekannt waren. In diesen Schneeballsystemen verteilen die Teilnehmenden lediglich Geld untereinander.
Typisch für ein Schneeballsystem ist in jedem Fall, dass die Einnahmen von den unteren Pyramidenebenen aggressiv zur Spitze der Pyramide umverteilt werden. Also: Neue Teilnehmende finanzieren die Gewinne derjenigen, die bereits länger dabei sind. Am meisten profitieren die wenigen, die das Pyramidensystem gestartet haben.
Was sind die Risiken von Schneeballsystemen?
Solche Systeme versprechen regelmässig hohe Gewinne, ein passives Einkommen oder flexible Arbeitszeiten. Die Realität sieht in der Regeln aber anders aus. Tatsächlich profitieren nur diejenigen, die zuoberst an der Pyramide stehen (etwa die obersten 10 %) und von den Verkäufer:innen auf den unteren Pyramidensystem-Ebenen grosse Provisionssummen einkassieren. Die top 10 % verdienen also an den Verkäufen der unteren 90 %, ohne selbst etwas verkaufen zu müssen.
Häufig müssen die Teilnehmenden grosse Mengen an Produkten oder teure Coachings erwerben, um in das Unternehmen einzusteigen oder um ihre Stellung zu verbessern. Diese Coachings und Produkte sind jedoch, sofern sie überhaupt existieren, häufig überteuert und unseriös, so dass der Grossteil der Teilnehmenden am Ende mit einem wertlosen Produkt und im schlimmsten Fall mit zusätzlichen Schulden zurückbleiben.
Überdies sind die Unternehmen darauf angewiesen, dass immerzu neue Teilnehmende dazukommen, um das System am Laufen zu halten. Mit dem zusätzlichen Anwerben von neuen Teilnehmer:innen wird auch das Verkaufsangebot stets erhöht, was das Verkaufen zusätzlich erschwert (wie auch beim Multi-Level-Marketing). Sobald das rasche Wachstum durch Neuzugänge stoppt, bricht das System zusammen und die Mehrheit verliert ihr Geld. Letztendlich profitieren nur die Organisator:innen und die wenigen Teilnehmenden, die sich an der Spitze der Pyramide befinden.
Was sind Merkmale von Schneeballsystemen?
Unrealistische Versprechen
Es wird versprochen, dass Sie von zu Hause aus oder unterwegs ganz einfach und schnell viel Geld verdienen können. Geläufig ist die Behauptung, dass Sie mehrere tausend Franken monatlich als «Passiv-Einkommen» verdienen können. Auch vollkommen unrealistische Renditeversprechungen für Investitionen von 20 % bis zu über 100 % jährlich sind keine Seltenheit.
Überteuertes Produkt
Das Produkt existiert entweder gar nicht (z.B. Infrastruktur ist nicht vorhanden) oder hat minderwertige Qualität. In jedem Fall ist das Produkt für den Verdienst zweitrangig, Teilnehmende verdienen daher hauptsächlich am Anwerben neuer Teilnehmer:innen.
Neue Teilnehmende
Das Unternehmen drängt Sie dazu, viele neue Teilnehmer:innen anzuwerben, für die Sie dann jeweils eine Provision bekommen. Bei Pyramidensystemen können die neuen Teilnehmenden die Produkte wiederum oft weiterverkaufen und ihrerseits neue Personen für den Verkauf der Produkte rekrutieren.
Undurchsichtige Strukturen
Ein Teil der Provision geht immer an die Initiator:innen an der Pyramidenspitze. Für Teilnehmende ist unklar, wie und an wen konkret die Einnahmen und Gewinne verteilt werden. Oft ist auch nicht erkennbar, wofür das Unternehmen oder die Beteiligten den Gewinn verwenden.
Einstiegsbedingungen
Sie müssen eine grosse Menge an Produkten kaufen, um in das Unternehmen einzusteigen oder um Ihre Stellung im Unternehmen zu verbessern. Die Einstiegsbeträge können ausnahmsweise auch gering ausfallen, um möglichst viele Teilnehmenden anzulocken.
Werbung
Mitglieder werben über soziale Medien (insbesonders Instagram und TikTok) mit ihrem Reichtum und bieten überteuerte Produkte, Seminare, Weiterbildungen oder Kurse an. Dabei behaupten Sie stets, durch diesen Vertrieb (oder das in den Kursen vermittelte Wissen) reich geworden zu sein. Die abgebildeten Luxusgüter sind aber oft gemietet.
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