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Blockierte Betreibung fortsetzen: So funktioniert es

Eine Geldforderung gegenüber einer Person oder einem Unternehmen können Sie mit einer Betreibung einfordern, falls der Betrag nicht freiwillig bezahlt wird. Gegen jede Betreibung kann aber Rechtsvorschlag erhoben werden. Gegen diesen Rechtsvorschlag müssen Sie als Gläubigerin aktiv vorgehen, falls Sie die Betreibung fortsetzen wollen. Nachfolgend zeigen wir Ihnen, wie die einzelnen Schritte funktionieren und auf was zu achten ist.

Der Rechtsvorschlag gegen Ihre Betreibung (hier wird das Verfahren beschrieben) können Sie mit einem sogenannten definitiven Rechtsöffnungstitel beseitigen. Das könnte z.B. eine Urkunde/ein Schriftstück sein, in welchem die Schuldnerin mit Unterschrift bestätigt, dass sie Ihnen genau den geforderten Betrag schuldet. Oder es gibt bereits ein Gerichtsurteil, das die Schuldnerin zur Bezahlung des offenen Betrags verpflichtet. Da in den meisten Fällen kein solcher Rechtsöffnungstitel vorhanden ist, sind Sie gezwungen, zur Durchsetzung Ihrer Forderung den Rechtsweg zu beschreiten, den offenen Betrag also gerichtlich einzufordern. Als erstes wendet man sich dabei an den Friedensrichter.

Verfahren vor dem Friedensrichter: Schlichten vor Richten

Die Friedensrichterstelle ist nicht ein Gericht im landläufigen Sinn und führt deshalb ein mehrheitlich informelles Verfahren durch. Ziel des Verfahrens vor dem Friedensrichter ist die Schlichtung. Also die Einigung zwischen den beiden Parteien, so dass auf den Gang vor die erste ordentliche Gerichtsinstanz verzichtet  und die Betreibung gütlich erledigt werden kann.

Gesuchseinreichung

Damit sich der Friedensrichter mit Ihrer Angelegenheit beschäftigt, müssen Sie ein Schlichtungsgesuch einreichen. Dieses Gesuch muss die Gegenpartei bezeichnen, es muss die Forderung enthalten (z.B. Forderung, dass die Gegenpartei den Betrag xy zu bezahlen hat) und Sie müssen die Forderung kurz begründen (Beschreibung des Sachverhalts). Juristische Argumentationen mit Nennung von Gesetzartikeln muss das Gesuch nicht enthalten.

Anstatt das Gesuch selber zu entwerfen können Sie auch einfach des Formular («Schlichtungsgesuch») des Bundesamts für Justiz BJ nutzen. (Falls das Formular auf Ihrem Bildschirm bzw. Display nicht angezeigt wird, gehen Sie zu Ihrem Download-Ordner und öffnen Sie das Formular von dort aus.)

Die Schlichtungsverhandlung hat innerhalb von zwei Monaten seit der Einreichung des Schlichtungsgesuchs stattzufinden. Und sie muss innerhalb von 12 Monaten abgeschlossen sein.

Keine Einigung: Weitere Möglichkeiten vor dem Friedensrichter

Der Friedensrichter kann entweder von sich aus oder auf Antrag des Gläubigers einen Urteilsvorschlag unterbreiten oder einen Entscheid fällen:

Urteilsvorschlag

Bei einem Streitwert von bis zu 5’000 Franken (das heisst, die offene Forderung ist nicht höher als 5’000 Franken) kann der Friedensrichter von sich aus einen sogenannten Urteilsvorschlag machen (Richteroption 1). Dieser Vorschlag kann von beiden Seiten (Gläubiger und Schuldnerin) innerhalb von 20 Tagen angefochten werden. Wenn dies passiert, stellt Ihnen der Friedensrichter nun die sogenannte Klagebewilligung aus: Sie haben als Gläubiger die Möglichkeit, innerhalb von 3 Monaten Klage einzureichen bei der untersten ordentlichen Gerichtsinstanz (z.B. Bezirksgericht).

Wichtig zu wissen

  • Wenn der Urteilsvorschlag nicht angefochten wird, erhält er die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils. Über die Forderung ist somit definitiv entschieden und sie kann nicht mehr eingeklagt werden.
  • Wenn Sie hingegen die 3-Monats-Frist zur Klageeinreichung verpassen, dann hat das keine rechtlichen Konsequenzen. Sie müssen einfach das Verfahren vor dem Friedensrichter noch einmal von vorne beginnen (inkl. Bezahlen der Verfahrenskosten – siehe weiter unten).
  • Es kann sein, dass der Friedensrichter direkt eine Klagebewilligung ausstellt – z.B. wenn es offensichtlich zu keiner Einigung kommen wird bzw. ein Urteilsvorschlag mit Sicherheit angefochten wird (Richteroption 2).

Entscheid

Bei einem Streitwert von bis zu 2’000 Franken haben Sie die Möglichkeit, beim Friedensrichter einen Entscheid zu beantragen.

Wichtig zu wissen

  • Wenn der Entscheid schriftlich mitgeteilt wird: Beide Parteien haben 30 Tage Zeit, den Entscheid vor der ersten ordentlichen Gerichtsinstanz anzufechten.
  • Wenn der Entscheid nur mündlich mitgeteilt wird: Beide Parteien können innerhalb von 10 Tagen eine schriftliche Begründung verlangen (dies wird separat in Rechnung gestellt). Wenn dies nicht gemacht wird, wird automatisch angenommen, dass auf eine Beschwerde verzichtet wird und der Entscheid des Friedensrichters wird definitiv.
  • Der Weg des Entscheids birgt eine gewisse Gefahr bzw. Unberechenbarkeit. Wenn Sie mit dem Entscheid des Friedensrichters einverstanden sind (z.B. weil Ihnen der gesamte Betrag zugesprochen worden ist), der Schuldner ist jedoch nicht einverstanden, dann wird dieser den Entscheid möglicherweise anfechten (roter Pfeil in der Darstellung). Sie sind dann Partei in einem ordentlichen Gerichtsverfahren, ohne dass sie dies ursprünglich eigentlich beabsichtigt hatten. Das Gute daran wäre allerdings, dass Sie in dieser Konstellation die beklagte Partei wären und eine bestehende Rechtsschutzversicherung würde die allfällig entstehenden Kosten vermutlich übernehmen.

Somit muss bereits auch der Gang vor den Friedensrichter gut überlegt sein (bitte klicken Sie auf die folgende Darstellung).

Betreibung

Örtliche Zuständigkeit

Grundsätzlich sind die Behörden am Wohnort der Person zuständig, von welcher Sie einen offenen Geldbetrag fordern. In konsumentenrechtlichen Streitigkeiten – also wenn Sie gegenüber einer Anbieterin eine Forderung haben – können Sie sich auch an das Friedensrichteramt an Ihrem Wohnsitz wenden.

Die Kontaktdaten der für Ihre Streitigkeit zuständigen Friedensrichterstelle sind über eine entsprechende Suchanfrage im Internet leicht auffindbar. (z.B. Suchbegriff «Friedensrichterstellen Kanton xy»).

Hier einige Beispiele:

Bern

Zürich

Wallis

Basel-Landschaft

Thurgau

Graubünden

Kosten

Im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens vor dem Friedensrichter werden keine Parteientschädigungen zugesprochen und keine Anwaltskosten vergütet.

Trotzdem ist auch das Verfahren vor dem Friedensrichter nicht kostenlos. Die erhobenen Gebühren sind allerdings moderat. Massgebend sind die kantonalen Tarife.

Die Kosten sind abhängig vom Streitwert und Aufwand. Sie sind zudem in der Regel höher, wenn der Friedensrichter ersucht wird, einen Entscheid zu fällen. Im «Durchschnittsfall» liegen die Kosten ca. bei 300 Franken. Im Kanton Zürich beispielsweise betragen die Kosten erst ab einem Streitwert von mehr als 100’000 Franken mehr als 500 Franken.

Im Normalfall sind die Kosten vorgängig als Kostenvorschuss zu bezahlen.

Anwesenheit

Da es im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens in erster Linie darum geht, die uneinigen Parteien im wahrsten Sinne des Wortes an einen Tisch zu bringen, setzt das Verfahren darauf, dass die Parteien bei der Schlichtungsverhandlung wenn möglich persönlich anwesend sind. Es ist möglich, dass man sich von einer Person (z.B. Anwalt oder Angehöriger) begleiten lässt. Man kann sich auch vertreten lassen und nicht selber erscheinen, jedoch nur in Ausnahmesituationen: Z.B. bei Krankheit, Alter «oder anderen wichtigen Gründen» oder bei ausserkantonalem oder ausländischem Wohnsitz Art. 204 ZPO). Das Gesetz (Art. 204 Abs. 4 ZPO) sieht vor, dass bei einer Vertretung die Gegenpartei entsprechend zu informieren ist.

Tipp: Informieren Sie in jedem Fall auch die Schlichtungsbehörde selbst. Auch dann, wenn Sie sich beim Schlichtungstermin nicht vertreten, sondern «nur» begleiten lassen. Denn im Normalfall schätzen es die Friedensrichterinnen nicht, wenn unangekündigt mehr Personen beim Termin erscheinen, als in den Akten notiert ist. Diese Situation könnte sich unter Umständen negativ auf die Beurteilung des Rechtsanliegens auswirken.

Verjährungsfristen

Rasch kommt das Gefühl auf, eine Forderung sei schon so alt und man könne sie sicher nicht mehr einfordern. Dem ist jedoch in den meisten Fällen nicht so. Forderungen, die auf einem Vertragsverhältnis basieren, verjähren nämlich in der Regel erst nach 10 Jahren. Wenn Sie z.B. eine Schadenersatzforderung geltend machen, verjährt diese Forderung nach 5 Jahren.

Die Verjährungsfrist beginnt jeweils zu laufen, sobald die Forderung fällig ist – das heisst, sobald Sie nach Gesetz oder Vertrag das Recht haben, den Betrag effektiv einzufordern.

Fortsetzung der Betreibung

Wenn ein definitiver Entscheid oder ein Urteil des Friedensrichters oder ein definitives Urteil eines ordentlichen Gerichts vorliegt, dann sind Sie im Besitz eines definitiven Rechtsöffnungstitels (siehe ganz oben). Mit diesem können Sie nun den Rechtsvorschlag der Schuldnerin beseitigen und die Betreibung wird nötigenfalls mit Pfändungsmassnahmen fortgesetzt.

Im Idealfall kommt es bereits im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zu einer Zahlung und Sie können beim Betreibungsamt die Betreibung zurückziehen.

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