Spitalzusatzversicherungen: Konsumentenschutz reicht Strafanzeige ein

Ende 2020 deckte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA auf, was sie im Rahmen von Vor-Ort-Kontrollen festgestellt hatte: Spitäler stellen Krankenzusatzversicherungen oft systematisch zu hohe, intransparente oder ungerechtfertigte Rechnungen aus, die Versicherungen zahlen diese trotzdem und treiben so die Prämien in die Höhe. Nach weiteren Abklärungen und aufgrund von entsprechenden Meldungen von Konsumentinnen und Konsumenten ist der Konsumentenschutz überzeugt, dass eine Strafuntersuchung notwendig ist. Er hat deshalb eine Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft eingereicht.
Die von der FINMA festgestellten Unregelmässigkeiten sind haarsträubend: Leistungen wurden systematisch doppelt abgerechnet, Spitäler verrechneten bei Zusatzversicherten automatisch höhere Arzthonorare, unabhängig davon, ob die freie Arztwahl wahrgenommen wurde oder welche Ärztin die Behandlung durchgeführt hat. Spitäler, welche ausschliesslich Zweibettzimmer haben, verrechneten Zusatzversicherten einen Aufpreis für den Service «Zweibettzimmer», obwohl grund- wie auch zusatzversicherte Patienten alle in Zweibettzimmern untergebracht werden. In einigen Fällen rechneten sogar bis zu 40 Ärzte Honorare über einen Patienten ab – ohne plausible Erklärung.
Die Präsidentin des Konsumentenschutzes, Prisca Birrer-Heimo, verlangte umgehend Auskunft vom Bundesrat. Aufgrund dessen Antwort und nach Abklärungen und Absprachen mit anderen Akteuren, sowie aufgrund von Meldungen von Konsumentinnen und Konsumenten ist der Konsumentenschutz überzeugt: Durch diese Verfehlungen erfüllen die involvierten Versicherungen und Leistungserbringer die Straftatbestände der ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie der arglistigen Vermögensschädigung und des Betrugs. Weiter geht der Konsumentenschutz davon aus, dass nicht nur einzelne Krankenversicherungen und Leistungserbringer betroffen sind, sondern dass diese Praktiken in der ganzen Branche und allen Landesteilen vorkommen.
Aus diesen Gründen hat der Konsumentenschutz in Absprache mit anderen Konsumentenschutz- und Patientenorganisationen Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft eingereicht und die Eröffnung eines Strafuntersuchungsverfahrens beantragt. Es braucht in einem ersten Schritt Klarheit, wer für diese Misswirtschaft zur Verantwortung gezogen werden muss.