Versicherungsvertragsgesetz: Der Ständerat ist gefordert
In diesen Tagen befasst sich die zuständige Kommission des Ständerats mit dem Versicherungsvertragsgesetz. Nur mit viel Druck und Überzeugungsarbeit konnte zuvor im Nationalrat ein gesetzgeberisches Fiasko verhindert werden. Es bleibt noch viel zu tun. Hoffen wir, dass der Ständerat kühlen Kopf behält und die Revision in die richtige Richtung weitertreibt.In der Sondersession konnte der Nationalrat immerhin dazu bewegt werden, die schlimmsten Lücken in dem über 100 Jahre alten Gesetz zu schliessen. So ist nun endlich ein ordentliches Kündigungsrecht vorgesehen – 10-jährige Knebelverträge sind somit nicht mehr zulässig. Die Verjährungsfrist für Forderungen gegenüber dem Versicherer beträgt nicht mehr nur zwei, sondern fünf Jahre, so wie dies bei Rechtsgeschäften üblich ist.
Während des Vernehmlassungsverfahrens hatte die Versicherungsbranche sogar dafür gesorgt, dass weitere Verschlimmerungen zu Ungunsten der Versicherten ins Gesetz aufgenommen wurden. Diese wurden nun teilweise wieder aus dem Revisionsentwurf gestrichen. So etwa das Recht des Versicherers, Vertragsbedingungen jederzeit einseitig anpassen zu dürfen oder während laufenden Versicherungsfällen die Leistungspflicht einseitig einzuschränken.
Jetzt muss die Arbeit im Ständerat weitergehen. Es ist seine Aufgabe, die weiterhin bestehenden diskriminierenden Bestimmungen aus dem Gesetz zu entfernen. Der Entwurf ist immer noch weit davon entfernt, ein faires und ausgeglichenes Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer herzustellen.
Die Forderungen des Konsumentenschutzes betreffen insbesondere folgende Punkte:
- Der Versicherungsnehmer hat ein Recht darauf zu wissen, welche Kosten bei Abschluss einer Lebensversicherung zu seinen Lasten anfallen.
- Wird während einer Vertragsdauer eine Gefahr gemindert, muss die Prämie reduziert werden. Das Gegenteil gilt schon jetzt: Erhöht sich eine Gefahr, muss der Versicherte mehr für die Prämie bezahlen.
- Versicherungsnehmer sind verpflichtet, beim Vertragsabschluss korrekte und vollständige Angaben zu machen, sonst können die Versicherer von ihren Leistungen zurücktreten. Falls aber in nicht-wesentlichen Punkten unkorrekte Angaben gemacht worden sind, soll sich der Versicherer nicht mehr ganz aus der Pflicht nehmen dürfen.
- Kommt der Versicherer seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht korrekt nach – z.B. indem er nach einem Unfall nicht innerhalb der vorgesehenen Frist einen Arzt aufsucht – so kann der Versicherer sämtliche Leistungen verweigern. Der Versicherte muss beweisen, dass zwischen der Pflichtverletzung und dem Eintritt und Umfang des Schadens kein Zusammenhang besteht. Der Versicherte ist jedoch kaum je in der Lage, einen derartigen Beweis zu erbringen.
- Schäden aus einem versicherten Ereignis zeigen sich häufig erst Jahre später. Neu besteht im Bereich der Krankenversicherung eine Nachhaftungsfrist von fünf Jahren. Eine derartige Nachhaftung muss in sämtlichen Versicherungsbereichen gelten.
- Ist die Leistungspflicht des Versicherten nicht grundsätzlich, sondern nur im Umfang strittig, so muss der Versicherer verpflichtet sein, dem Versicherten die unbestrittenen Versicherungsleistungen zu bezahlen – sog. Abschlagszahlungen. Ohne derartige Leistungen geraten Versicherte heute oft in finanzielle Notsituationen.
- Zahlreiche Haftpflichtversicherer schränken ihre Leistungspflicht dem Geschädigten gegenüber ein aus Gründen, die im Verhältnis zwischen Versicherer und Versichertem (der Schädiger) liegen. Es ist aber nicht korrekt, dass ein Geschädigter auf eine Entschädigung verzichten muss, weil der Schädiger seiner Versicherung gegenüber die Prämien nicht korrekt bezahlt oder die Schädigung grobfahrlässig begangen hat. Zumindest bei obligatorischen Haftpflichtversicherungen (z.B. Gebäudehaftpflicht, Hundehalterhaftpflicht) dürfen derartige Einreden dem Geschädigten gegenüber nicht mehr zulässig sein.