Was sind Dark Patterns und wie erkenne ich sie?
Die Bezeichnung «Dark Patterns» (deutsch «dunkle Muster») wurde von Harry Brignull geprägt. Damit bezeichnet er eine Form von täuschenden Designs, die Webseiten und Apps benutzen. Diese Dark Patterns bringen Sie als Nutzer:in dazu, gegen Ihre eigenen Interessen zu handeln. Dazu nutzen die Entwickler:innen dieser Bedienungsoberflächen Lücken in der menschlichen Entscheidungsfähigkeit aus. Diese Erkenntnisse stammen aus der Neuroforschung. Mit Dark Patterns tricksen Webseiten und Apps also Ihr Gehirn aus.
Die Bezeichnung Dark Patterns wird von Begriffs-Erfinder Brignull nicht mehr verwendet, stattdessen spricht er mittlerweile von deceptive patterns (deutsch «täuschende Muster»). Gemeint ist damit immer eine manipulative Bedienungsoberfläche. Das kann z.B. ein einzelnes manipulatives Design (z.B. ein Knopf) oder ein ganzer Kündigungsprozess sein. Im digitalen Raum gibt es eine grosse Anzahl an unterschiedlichen Dark Patterns. Regelmässig kombinieren Entwickler:innen mehrere manipulative Elemente miteinander, z.B. bei Mobile Games.
Welche Formen von Dark Patterns gibt es?
Die Anzahl an unterschiedlichen manipulativen Benutzer:innenoberflächen ist gross. Das deutsche Dark Pattern Detection Project unterscheidet 5 verschiedene Arten von Dark Patterns. Alle Dark Patterns können in unterschiedlicher Intensität vorkommen, teilweise erfüllen sie auch einen legitimen Informationszweck (z.B. Lagerbestand, Produktbewertungen).
Es kommt auch vor, dass ein Element mehrere manipulative Ebenen hat. So passt z.B. ein falscher Lagerbestand sowohl in die Druck- als auch in die Irreführung-Kategorie.
Ausübung von Druck
Unternehmen üben mit Dark Patterns oft Druck auf Nutzer:innen aus. Dabei nutzen sie unterschiedliche Arten von manipulativen Designs, die bei den Konsument:innen einen Druck (z.B. zum Kauf) herbeiführen. Dazu gehören folgende Arten:
- Confirmshaming (Schuldzuweisung): Das Hervorrufen von Schuldgefühlen durch die Formulierung von Auswahlmöglichkeiten. Damit sollen Nutzer:innen von einer Wahlmöglichkeit abgehalten werden.
Beispiel: Beim Abonnieren des Newsletters werden Ihnen 10% Rabatt versprochen. Neben dem Abonnieren-Knopf gibt es einen Knopf mit Bezeichnung «Nein danke, ich möchte den vollen Preis bezahlen.» - Scarcity (Knappheit): Die Nutzer:innen bekommen vermittelt, das das Kaufobjekt nur noch knapp verfügbar ist. Damit werden potenzielle Kund:innen unter Kaufdruck gesetzt, um den Gegenstand oder die Dienstleistung noch kaufen zu können.
Beispiel: Auf der Produktseite steht beim Lagerbestand «Nur noch 1 Stück verfügbar – jetzt zuschlagen.». - Countdowns (Herunterzählen): Konsument:innen bekommen einen Countdown angezeigt, der Zeit herunterzählt. Dieser vermittelt ihnen das Gefühl, dass sie sich rasch zum Kauf entscheiden müssen. Es kommt auch vor, dass ein Countdown nach dem Ablauf wieder von neuem beginnt.
Beispiel: Ein prominenter Timer im Shop zeigt, dass der Black Friday Sale nur noch 4 Stunden und 52 Minuten läuft. - Nagging (Nörgeln): Das wiederholte Anzeigen von Hinweisen, die Nutzer:innen zu einer Handlung auffordern. Damit möchten Unternehmen erreichen, dass Nutzende zustimmen, um den nervigen Hinweis loszuwerden.
Beispiel: Bei der Buchung eines Flugs werden Reisende wiederholt zur kostenpflichtigen Sitzplatzreservierung aufgefordert. - Social proof (Sozialer Nachweis): Menschen neigen dazu, das Verhalten der Mehrheit als gut und richtig zu bewerten. Bewertungen, Icons/Emojis und Labels werden dazu genutzt, Besucher:innen zum Kauf zu überzeugen. Dabei nutzen Unternehmen auch falsche oder missverständliche Mitteilungen.
Beispiel: Bei der Suche nach einer Ferienunterkunft wird Ihnen angezeigt, dass 40 weitere Personen diese Unterkunft in der letzten Stunde angesehen haben.
Operativer Zwang
Bei diesen Arten von Dark Patterns zwingen Webseiten und Apps die Nutzer:innen durch die manipulative Designs zu einer Handlung. Die Nutzer:innen können die manipulativen Bedienungsoberflächen nicht umgehen.
- Forced Action (Erzwungene Handlung): Konsument:innen werden gezwungen, zusätzliche Bedingungen zu akzeptieren, die für die Leistungserbringung nicht nötig sind.
Beispiel: Beim Online-Kauf von Schuhen ist die Angabe des Geburtsdatums Pflicht. - Forced Continuity (Erzwungene Weiterführung): Ein Probe- oder Test-Abo verlängert sich automatisch kostenpflichtig, wenn die Abonnent:in nicht rechtzeitig vorab kündigt. Der Hinweis auf die Kosten erfolgt subtil.
Beispiel: Ein Streamingdienst wirbt prominent mit 2 Monaten Gratis-Test, danach verlängert es sich für Fr. 13.95 monatlich. - Forced Review (Erzwungene Überprüfung): Vor der Verwendung eines Diensts oder Produkts müssen Sie Bedingungen lesen und allenfalls akzeptieren.
Beispiel: Um ihr neu gekauftes Gerät zu nutzen, müssen Konsument:innen lange Nutzungsbedingungen akzeptieren.
Hindernisse
Die gelisteten manipulativen Designs versuchen Sie daran zu hindern, eine Aktion durchzuführen. Die Durchführung der Aktion ist trotz der manipulativ gestalteten Bedienungsoberflächen aber möglich.
- Roach Motel (Kakerlakenfalle): Nutzer:innen werden zu einer Handlung gelockt, die sie nur schwerer wieder rückgängig machen können.
Beispiel: Sie können Ihr Tradingkonto einfach online abschliessen, zum Auflösen müssen Sie der Anbieterin eine schriftliche Kündigung mit Ausweiskopie per Post senden. - Comparison Prevention (Vergleichs-Verhinderung): Angaben zu Produkten und Preise sind unterschiedlich angegeben, so dass ein Preisvergleich erschwert oder verhindert wird.
Beispiel: Die Auflistung unterschiedlicher Abo-Modelle ist nicht vollzählig, ein günstiges Abo wird nicht gleich dargestellt. - Preselection (Vorauswahl): Eine Option ist vorausgewählt, entweder als eine von mehreren notwendigen Optionen oder als fakultative Option.
Beispiel: Beim Online-Kauf eines Smartphones ist die kostenpflichtige Transportversicherung vorausgewählt und kann von Besteller:innen abgewählt werden. - Visual Interference (Visuelle Störung): Wesentliche Informationen werden versteckt. Sie werden kleiner, unauffällig, an unerwarteten Stellen oder in unübersichtlicher Weise dargestellt.
Beispiel: In einer App wird das Überspringen eines Kaufs in grauem Text auf schwarzem Hintergrund dargestellt. - Click Fatigue (Klick-Müdigkeit): Unerwünschte Handlungsmöglichkeiten werden erschwert, indem Nutzer:innen dafür mehr Klicken oder Tippen müssen.
Beispiel: Das Akzeptieren aller Cookies ist ein Klick, das Deaktivieren aller Cookies benötigt mehrere Klicks.
Erschleichung
Mit diesen Dark Patterns versuchen Unternehmen, Konsument:innen möglichst unbemerkt Zusatzkosten aufzuerlegen.
- Sneaking (Vorbeischleichen): Ein Online-Shop legt zusätzliche Leistungen in den Warenkorb, ohne oder gegen den Wunsch der Nutzer:innen.
Beispiel: Beim Bestellen einer Pizza legt der Lieferdienst automatisch ein Tiramisu in den Warenkorb. - Hidden subscription (Verstecktes Abonnement): Nutzer:innen wird ein Abonnement untergejubelt, ohne dass sie darüber klar informiert werden oder es akzeptieren.
Beispiel: Eine Konsument:in möchte Zahnbürstenköpfe online bestellen. Statt einer einmaligen Lieferung wird ihr automatisch ein Abonnement abgeschlossen. - Hidden cost (Versteckte Kosten): Konsument:innen sehen Zusatzkosten erst bei einem späteren Schritt (z.B. bei der Kasse).
Beispiel: Beim Kauf von Veranstaltungstickets auf einem Zweitmarkt erscheinen die Gebühren und Steuern erst bei der Eingabe der Zahlungsdetails.
Irreführung
Inhalte werden so dargestellt, dass sie für Nutzer:innen irreführend oder missverständlich sind.
- Trick wording (Täuschende Formulierung): Verwirrende oder täuschende Formulierungen führen dazu, dass Nutzer:innen eine Aktion durchführen.
Beispiel: Beim Abbrechen eines Kaufprozesses erscheint ein Popup: «Möchten Sie den Kauf abbrechen?». Als Optionen werden «Abbrechen» und «Beenden» angeboten. - Misdirection (Irreleitung): Die Gestaltung der Webseite oder einzelner Elemente lenkt durch ihre Auffälligkeit von anderen Inhalten ab.
Beispiel: Eine Airline verlangt von Fluggästen die kostenpflichtige Reservierung eines Sitzplatzes. Nutzer:innen übersehen den Hinweis auf die Freiwilligkeit der Reservierung durch die grafisch prominentere Sitzauswahl.
- Bait and switch: Das Anklicken oder Antippen einer Schaltfläche führt nicht zum erwarteten Ergebnis.
Beispiel: Im Videospiel führt das Klicken der O-Taste zurück zum vorherigen Bildschirm. Im Shop des Games löst der Klick auf die O-Taste einen Kauf aus. - Disguised ads: Werbung wird nicht als solche erkennbar dargestellt.
Beispiel: Auf einer News-Webseite erscheint Werbung, die sehr ähnlich wie redaktionelle Inhalte dargestellt werden.
Dark Patterns bei Cookie-Bannern
Bei den Cookie-Einstellungen sind die Optionen oft unterschiedlich dargestellt. Der Knopf «Alles akzeptieren» ist farbig, die datensparsame Option «Einstellungen anpassen» ist grau hinterlegt. Die Nutzer nehmen diese Option dadurch weniger gut wahr – das ist so gewollt. Ein Fall von Visual Interference.
Wer den Knopf «Einstellungen anpassen» anklickt, findet sich (je nach Anbieter:in) in einem Chaos von Optionen wieder. Bis alle Einstellungen angepasst sind, brauchen die Nutzer:innen viele Mausklicks. Die Option «Alles akzeptieren» bleibt nur einen Mausklick entfernt. Die Folge ist, dass Nutzer:innen oft aufgeben (Click Fatigue) oder aus Versehen akzeptieren. Auf diese Karte setzt die digitale Werbeindustrie. Denn dann darf sie möglichst viele Personen tracken. Und das führt zu höheren Erträgen durch gezieltere Werbung.
Melden Sie Dark Patterns dem Konsumentenschutz!
Die Dichte an Dark Patterns im digitalen Raum ist gross und wird immer grösser. Manipulative Designs werden im grossen Stil eingesetzt.
Der Konsumentenschutz sammelt Beispiele, um gegen die krassesten digitalen Manipulationsversuche vorzugehen. Bitte melden Sie uns Dark Patterns in unserem Meldeformular:
Wie kann ich mich schützen?
Dark Patterns sind im digitalen Raum praktisch überall. Solange diese Praxis nicht reguliert ist, lässt sich nicht viel dagegen tun. Weil es viele unterschiedliche Formen gibt, können automatisierte Systeme die Muster nicht zuverlässig erkennen. Aber: Wer die Tricks kennt, fällt seltener darauf hinein. Dark Patterns verlieren also einen Teil ihrer Wirkung, wenn die Nutzer:innen sie kennen. Indem Sie sich und andere informieren, schützen Sie sich.
Zusätzliche Informationen zu einzelnen Dark Patterns mit erläuternden Beispielen finden Sie beim deutschen Dark Pattern Detection Project. Deren Browser-Erweiterung soll täuschende Designs erkennen und hervorheben.
Englischsprachige Informationen finden Sie auf dieser Webseite von Harry Brignull, der den Begriff Dark Pattern oder Deceptive Patterns seit 2010 prägt.
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