So schütze ich mich vor Fake News und Desinformation

Weil es unglaublich viele Inhalte auf sozialen Netzwerken gibt, legen Algorithmen fest, welche Inhalte Ihnen gezeigt werden. Die Funktionsweise der Algorithmen führt dazu, dass sich besonders kontroverse Inhalte wie ein Flächenbrand verteilen. So profitieren die Produzent:innen von «Fake-News» von der Funktionsweise der Algorithmen und können innerhalb weniger Stunden Hunderttausende Menschen erreichen.
Fake News sind nichts Neues – derartige Desinformation gibt es bereits seit der Antike. Aber im Zeitalter von generativer künstlicher Intelligenz (KI), die Inhalte wie Bilder, Videos und Texte generieren, geht die Erstellung und Verbreitung von Desinformation allerdings viel einfacher und schneller. Innert weniger Minuten können Falschinformationen erstellt, durch Algorithmen bewertet und möglicherweise Zehntausenden Nutzer:innen angezeigt werden. Umso wichtiger ist damit der Schutz vor Fake News geworden.
Fake News – begrenzte Abwehrmöglichkeiten
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Fake News zu erkennen, ist nicht immer einfach. Es hilft, sich zuerst über verschiedene Formen von Fake News zu informieren und das eigene Wissen zu testen. Dazu haben wir viele nützliche Informationen verlinkt:
- Informationen über Desinformation von der Bundeszentrale für politische Bildung
- Fakten gegen Fakes (Fokus TikTok) für Lehrpersonen und Schüler:innen von Reporter4You (Correctiv)
- Fakefinder Spiel zum Erkennen von Fake News (auch für Kinder verfügbar) vom SWR (Südwestrundfunk)
- Bad News spielerisch zur Fake News Verbreiter:in werden von der Universität Cambridge
- Newstest Medienkompetenz-Test von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, der Bundeszentrale für politische Bildung und der Landesanstalt für Medien NRW
Gerade bei besonders emotionalisierenden Informationen (z. B. Gewalt- und Sexualverbrechen) ist Vorsicht geboten – Verbreiter:innen von Falschinformationen nutzen diese besonders gerne für eigene Zwecke. Als Schutzmassnahme vor derartigen Fake News reicht oft eine kurze Recherche in der Suchmaschine.
Klarstellen oder nicht interagieren?
Es mag verlockend sein, Fehlinformationen auf Social Media in den Kommentaren richtigzustellen. Leider führt das unmittelbar dazu, dass die Algorithmen (mehr dazu unten) den Beitrag hervorheben – letztendlich führt Ihre Richtigstellung also zur stärkeren Verbreitung der Fake News, vor denen Sie andere schützen wollten.
Wir raten Ihnen deshalb: Interagieren Sie nicht mit Desinformation auf Social Media. Falls Sie diese richtigstellen möchten, machen Sie einen Screenshot bzw. eine Bildschirmaufnahme der Falschinformation und kommentieren Sie diesen. Nutzen Sie keine Funktionen, bei denen der Originalbeitrag verlinkt wird (z.B. Kommentieren, Stitchen, Duetten). Damit gehen Sie sicher, dass die Falschinformationen möglichst wenig zusätzliche Aufmerksamkeit durch Sie erhalten.
Faktenchecks als Schutz gegen Fake News
Es gibt unterschiedliche Plattformen, die frei zugängliche Faktenchecks durchführen. Bekannte Faktenchecker:innen sind:
- CORRECTIV Non-Profit Organisation, die sich dem investigativen Journalismus widmet und mehrheitlich von Unterstützer:innen finanziert wird
- Mimikama Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch, wird durch Spenden und Veranstaltungen finanziert
- dpa-Faktenchecks Faktenchecks der Deutsche Presse-Agentur, bezeichnen sich als redaktionell unabhängig
- #Faktenfuchs Faktenchecks des Bayerischen Rundfunks (BR), öffentliche Rundfunkanstalt
- ARD-Faktenfinder Faktenchecks der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Disclaimer: Auch bei Faktenchecks kann es zu fehlerhaften Einschätzungen kommen. Diese können u.a. durch neue Erkenntnisse, unsaubere Recherchen oder nicht-neutrale Positionen (z.B. bei Konflikten) verursacht werden. Wie alle anderen Abwehrmöglichkeiten bieten auch Faktenchecks keinen vollständigen Schutz vor Fake News.
Social Media: Desinformation melden
Falls Sie in den sozialen Netzwerken auf Desinformation stossen, können Sie diese bei den Plattformen melden. Bei der Prüfung der Inhalte können die Plattformen die entsprechende Desinformation entfernen und verbreitende Nutzer:innen auf deren Verbreitung von Falschinformationen hinweisen. Bis die Desinformation von den Plattformen entfernt wird, dauert es oft mehrere Tage. Zudem haben sowohl Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp) als auch X (vormals Twitter) das Löschen von Fake News stark reduziert. Stattdessen werden Hinweisbanner eingefügt. Dabei zeigt sich bereits, dass diese Hinweisbanner die Benutzer:innen nicht vor Fake News schützen.
Wo Sie Fake News antreffen
Messenger-Chatgruppen (insb. Telegram)
Telegram und andere Messenger werden wie alle anderen Kommunikationsformen auch für das Verbreiten von Desinformation genutzt. Wegen dem riesigen Limit von 200’000 Personen in einer Telegram-Chatgruppe ist diese Plattform für grosse Chatgruppen sehr beliebt. Zum Vergleich: Bei WhatsApp sind es maximal 1024 Personen pro Gruppe, bei Signal sind es 1000 Mitglieder. Zudem werden auf Telegram kaum Inhalte gelöscht, selbst wenn diese illegal sind. Das macht die Plattform für Personen, die Fake News verbreiten wollen, besonders attraktiv.
Werbung (sog. Clickbait)
In der Online-Werbung werden oft Falschinformationen verwendet, um unseriöse Produkte zu verkaufen. Dabei werden oft Geschichten über Prominente und deren angebliche Erfolge mit dem Produkt (oder Investitionsmöglichkeit) erfunden. Auch medizinische Wundermittel werden oft angepriesen, zum Beispiel für volleres Haar oder Gewichtsverlust. In diesen Fällen wird ein Werbeblocker zum wirksamen Schutz vor Fake News.
Social Media
Immer mehr Personen informieren sich hauptsächlich über soziale Medien. Besonders junge Menschen informieren sich häufig vorwiegend via soziale Netzwerke über tagesaktuelle Themen. Die Beiträge auf Social Media werden – abhängig von den Algorithmen – rasch tausenden Personen angezeigt. Aber nicht nur die Beiträge selbst, auch Kommentare und andere Interaktionen sind teils bewusste Desinformation von Bots (Programme die mehr oder weniger selbstständig Kommentare und Botschaften unter Beiträgen posten).
Algorithmen mögen Fake News
Aufgrund der immensen Menge an Inhalten auf sozialen Medien ist es unvorstellbar, dass deren Mitarbeitende die Inhalte bewerten oder gewichten. Deshalb haben Plattformen wie YouTube, Facebook, Instagram, X (ehemals Twitter), TikTok oder Reddit Algorithmen entwickelt, die interessante Inhalte erkennen sollen. Denn nur wenn die Inhalte spannend sind, bleiben Sie als Nutzer:in länger auf der Plattform. So sehen Sie mehr Werbung, was den Plattformbetreibern wiederum grössere Einnahmen bringt.
Der Algorithmus soll also sicherstellen, dass Sie möglichst viel Werbung sehen und die Betreiber:innen und deren Investor:innen möglichst viel Geld verdienen. Die Algorithmen arbeiten nicht im Interesse der Nutzer:innen, sondern allein im Dienst der Plattformen. Gut dokumentiert ist das bei Facebook, wo Algorithmen Fake News verbreiten und die Gesundheit von Jugendlichen gefährden. Dagegen unternimmt Facebook zu wenig.
Facebook und andere Plattformen verwenden Algorithmen, die veröffentlichte Inhalte aufgrund von Engagements (engl. für Interaktionen) bewerten. Je mehr Personen mit einem Inhalt interagieren, desto besser ist er aus Sicht des Algorithmus. Diese Sicht ist verzerrt. Denn nur weil Nutzer:in mit einem Inhalt interagiert hat, bedeutet das natürlich nicht, dass er der Nutzer:in tatsächlich gefällt. Wie oben erwähnt, führt das dazu, dass z. B. kritische Kommentare von Nutzer:innen zu einem manipulativen Beitrag vom Algorithmus als Interaktion gewertet wird. Paradoxerweise verhilft also auch Ihre negative Reaktion dem kritisierten Inhalt zu einer grösseren Sichtbarkeit. Deshalb bewerten die Algorithmen Inhalte, die emotionale Reaktionen verursachen, als besonders gut – darunter auch Fake News.
Desinformation profitiert von Algorithmen
Die Urheber:innen von Fake News haben die Absicht, Personen mit einer sachlich falschen Nachricht zu manipulieren. Fake News setzen meist auf Emotionen. Denn die Urheber:innen wissen, dass emotionale Inhalte schnell verbreitet und diskutiert werden. Diese Interaktionen mit den Inhalten erkennt der Algorithmus und schliesst daraus, dass der Inhalt verbreitungswürdig ist. Aufgrund dessen zeigt er den Inhalt immer mehr Nutzer:innen: Die Inhalte gehen viral und es gibt noch mehr positive oder negative Reaktionen darauf. Solche Inhalte landen dann ganz oben auf der Plattform, wo alle Nutzer:innen sie zuerst sehen. Der Algorithmus giesst also Öl ins Feuer.
Das führt zu den nächsten Problemen: Menschen sind gar nicht in der Lage, diese Flut an Inhalten zu verstehen und abzuwägen. Wegen kognitiver Einschränkungen und Voreingenommenheiten sind wir nicht fähig, die von den Algorithmen angezeigten Fake News zuverlässig als solche zu identifizieren.
Desinformation durch generative KI
Mit der steigenden Zugänglichkeit zur generativen KI (z.B. ChatGPT, StableDiffusion, Midjourney) ist es deutlich einfacher geworden, irreführende Bilder und damit auch Desinformation zu erstellen. Mit den neueren Weiterentwicklungen sehen auch mit KI erstellte Videos für viele Menschen überzeugend echt aus. Das belegt das viral gegangene Fake-Video während den Waldbränden in Kalifornien. Das Video stammt von einem Instagram-Account, der versucht, mit KI erstellten Videos Geld zu verdienen, unter anderem durch den Verkauf einer Anleitung, wie man damit selbst reich werden kann.
Falschnachrichten durch Staaten und Wirtschaftsakteur:innen
Neben dieser Verbreitung von Desinformation aus persönlichen finanziellen Interessen durch Einzelne ist aber hauptsächlich das grossflächige Streuen von Desinformation durch Staat oder Wirtschaft ein Problem. Medial ist Desinformation durch prorussische Gruppen immer wieder ein Thema. Aber auch politisch motivierte Akteur:innen aus Ländern wie Israel, den USA, Deutschland und China greifen regelmässig zur Desinformation als kommunikative Waffe. Oft sind sie damit erfolgreich und können die öffentliche Meinung beeinflussen. In ihrem wissenschaftlichen Paper von 2018 kamen die Autor:innen Vosoughi et al. zum Ergebnis, dass Falschnachrichten auf Twitter (heute X) von 2006 bis 2017 deutlich mehr Personen erreicht haben als die Wahrheit. Umso wichtiger ist es, dass Sie sich so gut wie möglich vor Fake News schützen.
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