Groupe Mutuel nimmt dubiose Prämienvergleiche vom Netz

Immer wieder tauchen im Internet dubiose Prämienvergleichsportale auf, die nur scheinbar einen neutralen Überblick bieten, in Wahrheit aber Daten sammeln und sogar bestimmte Kund:innengruppen ausschliessen. Ein aktueller Fall zeigt, wie problematisch diese Praxis sein kann: Nach unseren Recherchen wurden gleich mehrere «Vergleichsportale» der Groupe Mutuel, betrieben über die Tochterfirma Neosana AG, vom Netz genommen.
Nach unserer Recherche hat die Groupe Mutuel alle von ihrer Tochterfirma Neosana AG betriebenen Prämienvergleichsseiten vom Netz genommen. Grund dafür: Auf zwei Seiten erhielten Personen über 64 Jahre diese Fehlermeldung, wenn sie ihre Grund- oder Zusatzversicherung vergleichen wollten:
«Entschuldigung, Sie müssen jünger als 65 Jahre sein, um dieses Formular auszufüllen.»
Damit wurden ältere Menschen von der Nutzung ausgeschlossen. Ein klar diskriminierendes Vorgehen. Krankenkassen sind gesetzlich verpflichtet, alle Personen in die Grundversicherung aufzunehmen, unabhängig vom Alter, Gesundheitszustand oder Geschlecht. Dass eine Kasse ältere Jahrgänge aussortieren will, weil sie wirtschaftlich unattraktiv sind, ist völlig inakzeptabel.
Ein systemisches Problem: dubiose Prämienvergleiche
Der Fall der Groupe Mutuel zeigt exemplarisch, wie problematisch viele der sogenannten «Vergleichsportale» im Internet sind. Zahlreiche Versicherer – darunter auch Assura, KPT und Visana – betreiben oder finanzieren über Tochterfirmen und Agenturen Webseiten, die einen neutralen Vergleich vortäuschen. In Wirklichkeit geht es dabei oft nur um eines: an wertvolle Kontaktdaten von Versicherten zu gelangen.
Anstatt transparente Vergleiche zu bieten, fordern diese Seiten persönliche Informationen wie das Geschlecht, die für die obligatorische Grundversicherung gar nicht relevant sind. Nach der Dateneingabe folgt meist keine Übersicht der Prämien, sondern der Hinweis, man werde bald kontaktiert. Die gesammelten Daten werden mutmasslich genutzt, um später lukrative Zusatzversicherungen zu verkaufen.
Erfolg und Handlungsbedarf
Es ist erfreulich, dass die betroffenen Seiten nun offline sind. Gleichzeitig ist der Fall beunruhigend: Er zeigt, dass grosse Krankenkassen offenbar keine ausreichende Kontrolle über ihre Partner:innenfirmen haben.
Auf Nachfrage erklärte die Groupe Mutuel, dass die Altersbeschränkung nicht im Sinne des Unternehmens sei und derzeit geprüft werde, wie diese Altersdiskriminierung auf den Webseiten eingebaut wurde. Die Neosana AG vergleiche ausschliesslich die Prämien der vier Krankenkassen der Groupe Mutuel‑Gruppe (AMV, Avenir, Mutuel, Philos). Auf den Webseiten werde darauf ausdrücklich hingewiesen. Der Konsumentenschutz hält den in kleiner Schrift platzierten Hinweis, dass Neosana eine Tochtergesellschaft der Groupe Mutuel ist, für unzureichend. Ab Januar 2026 soll die Neosana AG vollständig in das Vertriebsnetz der Groupe Mutuel integriert werden.
Der Konsumentenschutz fordert deshalb mehr Transparenz bei Vergleichsportalen und Vermittler:innen, eine strengere Aufsicht über Tochterfirmen und Agenturen von Krankenkassen sowie deutlich tiefere Provisionen, um Fehlanreize und aggressive Datenjagd zu verhindern. Nur mit klaren Regeln und fairen Strukturen kann verhindert werden, dass Versicherte mit irreführenden Versprechen getäuscht und sensible Daten zweckentfremdet werden.
Als verlässliche Alternative zu den dubiosen und unvollständigen Angeboten bietet der Konsumentenschutz einen neutralen und werbefreien Prämienvergleich mit praktischen Zusatzfunktionen an. Er empfiehlt den Konsument:innen, diesen Prämienvergleich (www.konsumentenschutz.ch/praemienvergleich) oder jenen des Bundes (www.priminfo.ch) zu verwenden.
Sarah Lengyel, Leiterin Gesundheit beim Konsumentenschutz, war zu Gast bei SRF Espresso (vom 09.10.2025) zum Thema.