Öffentliche Dienstleistungen müssen auch mit Bargeld zugänglich sein

Nicht nur bei den Ticketautomaten ist Zahlen mit Bargeld je länger je seltener möglich. Auch bei den Angeboten in und um Bahnhöfe wird vermehrt ausschliesslich auf digitale «Lösungen» gesetzt. Der Konsumentenschutz fordert, dass die Benutzung eines WCs oder der Schliessfächer auch ohne Smartphone möglich bleibt.
Der Konsumentenschutz hat sich in der Vergangenheit mehrfach gegen die Abschaffung von Bargeldzahlungen und für eine bessere Privatsphäre im öffentlichen Verkehr eingesetzt. Ein besonderer Schwerpunkt ist dabei, dass der Zugang zum öffentlichen Verkehr für alle Menschen in der Schweiz weiterhin möglich bleibt. Also auch für jene, die weder Smartphone noch Bankkarte besitzen oder ausdrücklich mit Bargeld bezahlen wollen. Nun zeigt sich, dass sich das Problem auch auf Dienstleistungen in und rund um die Bahnhöfe ausweitet.
Datenschutz zum Spülen
Beispiele gibt es viele. Seit April 2024 etwa funktionieren die neuen Toiletten am Bieler Bahnhof ohne Bargeld. Der Zugang zum WC ist nur noch mit Bankkarte, Twint oder einer anderen digitalen Bezahlmöglichkeit möglich. Nach diversen Reklamationen hat die SBB eine umständliche Lösung vorgeschlagen: Eine Zugangskarte zur Toilette kann am Selecta-Automaten bezogen werden. Das Beispiel zeigt, dass der Fokus auf digitale Bezahlmöglichkeiten diskriminierend gegenüber den Konsumentinnen und Konsumenten ist, die bar bezahlen wollen. Er hat darüber hinaus auch Konsequenzen bezüglich Datenschutz: Ihre Bank ist so im Bilde, wo Sie pinkeln gegangen sind.
Digitalisierung der Schliessfächer
Ein anderes Beispiel sind die Schliessfächer. Zwar funktionieren die neuen grauen Schliessfächer weiterhin mit Bargeld. Bis Ende 2025 werden die SBB in ihren Bahnhöfe aber keine blauen Schliessfächer mehr anbieten, bei denen mit Münzen bezahlt werden kann. Die blauen Schliessfächer werden digitalisiert (SBB: upcycled) und mit einem QR-Code ausgestattet, über den bezahlt werden muss. Dafür benötigen öV-Reisende ein Smartphone und müssen ihre Mailadresse und Mobiltelefonnummer angeben. Diese Daten werden dann während 10 Jahren bei den SBB aufbewahrt, eine Nutzung oder Weitergabe zu anderen Zwecken erfolgt laut SBB nicht. Das weist darauf hin, dass die SBB eine Löschung der Daten gestützt auf das Datenschutzgesetz wohl verweigern werden – aufgrund der Aufbewahrungspflicht nach Art. 958f OR. Wer die Schliessfächer nicht mit dem Smartphone bedienen kann oder will, den verweist die SBB an ihre Reisezentren (wo wegen langen Wartezeiten teils viel Geduld nötig ist).
Service Public muss für alle zugänglich bleiben
Für den Konsumentenschutz ist klar: Nicht nur die Fahrten, sondern auch die weiteren Dienstleistungen wie Schliessfächer und Toiletten müssen weiterhin für alle zugänglich sein. Die SBB muss darüber hinaus die Privatsphäre der Kundinnen und Kunden endlich ernst nehmen und mindestens eine anonyme Nutzung ihrer Dienste ermöglichen. Wer mit dem Handy oder der Kreditkarte zahlt, muss zudem sicher sein können, dass die SBB aus den persönlichen Daten Profit schlägt.