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Ein Ravioli-Test schreibt Geschichte

Geschichten aus 50 Jahren SKS

Seife, Damenstrümpfe, Haarsprays, Sonnenschutzmittel oder Zahnpasta, später auch Farbfernsehapparate, Abschleppseile oder Kühltruhen testete die SKS und machte damit Schlagzeilen. Ein Test, den es lohnt, aufzuwärmen, ist jedoch der Raviolitest.

Ravioli_RaviolitestRavioli in Büchsen gehörten zu den ersten erfolgreich industriell hergestellten Fertigmahlzeiten. Was war darin enthalten? Der damalige SKS-Sekretär Alfred Neukomm wollte es 1978 wissen und gelangte an die Kantonschemiker, welche für die Lebensmittelkontrolle zuständig waren. Diese winkten ab: Für Fleisch seien sie nicht zuständig, das sei im Fleischhygiene-Gesetz geregelt und unterliege der Zuständigkeit der Veterinäre. Aber auch die fühlten sich nicht zuständig: Bei den Ravioli sei auch Teig und Sauce dabei, das könnten sie nicht untersuchen. Erfolgreicher war Neukomm bei der Lebensmitteluntersuchungsanstalt in Wien, diese nahmen die Büchsenravioli schliesslich genauer unter die Lupe.

Die Resultate waren mehr als befremdend. Es stellte sich heraus, dass die Ravioli derselben Marke in Österreich in besserer Qualität und mit mehr und besserem Fleisch, aber weniger Wasser auf den Markt kamen als in der Schweiz. „Als unhaltbare Täuschung finden wir die Beigabe von Körperteilen, die auf keinen Fall von Konsumenten erwartet werden und die überdies nicht deklariert sind, wie Magen, Bries, Herz, Nieren, Bauchspeicheldrüsen, Lunge und Schweineköpfe“, fasste die SKS damals das unappetitliche Ergebnis zusammen.

Ravioli-SkandalDie Berichterstattung der Konsumentensendung Kassensturz machte den Test zu einem ausgewachsenen Skandal: Der Kassensturz berichtete im Stil einer Agentenstory, mit sonnenbebrillten Reportern und drastischen Bildern, über die „Ravioli-Mafia“. Die ausführliche Berichterstattung in weiteren Medien trug dazu bei, dass den Schweizern der Appetit auf Büchsenravioli gründlich verging. Frühere Tests hatten nur zu kurzfristigen Umsatzrückgängen geführt, dieses Mal brach der gesamte Markt fast vollständig zusammen. In den ersten drei Monaten nach der Ausstrahlung der Kassensturzsendung fuhren die Ravioliproduzenten einen Verlust von 2,86 Millionen Franken ein!

Die Prozessandrohungen gegen die SKS verstummten, nachdem die Hersteller Einsicht in die Prüfungsunterlagen erhalten hatten. Danach knöpften sie sich die Macher der Kassensturzsendung vor und klagten wegen der reisserischen Aufmachung der Reportage. Zum Prozess kam es nicht, die Kontrahenten einigten sich in einem Vergleich.

Hier der berühmte Kassensturz-Bericht:

Konsumentenschutz in der Schweiz – wie alles begann…