Lotterie am Sonntag
Konnten sie heute den Artikel über die Eigenkapitalbeschaffung der Credit Suisse lesen oder konnten sie nicht? War es ihnen vergönnt, zusammen mit Chantal Magnin zu träumen von einem Primarlehrer-Wunsch-Alltag?
Unsere befreundete Familie schliesst jeweils am Samstagabend Wetten ab: Steckt die SonnntagsZeitung im Verlauf des kommenden Morgens bei ihnen im Briefkasten, ja oder nein?
Alles begann so verheissungsvoll: Ihre Regionalzeitung, das Langenthaler Tagblatt, hat im vergangenen November mit einer überraschenden Sonderleistung aufgewartet. Da wurde plötzlich -zwar unregelmässig- die SonntagsZeitung zugestellt. Was sie zuerst als nette Geste des Verlags interpretierten, nahm beim Erneuern des Abonnements der Regionalzeitung Gestalt an: Das Abonnement kostete mehr und zusätzlich, nun als bezahlte Sonderleistung, wurde der Briefkasten am Sonntagmorgen mit der eben erwähnten Zeitung gefüllt.
Der Haken an der Geschichte: Die bisher bekannte Unregelmässigkeit bei der Auslieferung am Sonntagmorgen blieb konstant. Der Ärger der Familie über die grösseren Kosten der Lokalzeitung und der grundsätzlich ungewollten SonntagsZeitung wuchs. Wenn schon diese Mehrleistung im höheren Preis eingeschlossen ist, dann muss der Service auch klappen. Tut er aber nicht: Obschon sich die Familie bereits mehrmals beschwert hat, bleibt die Zustellung der sonntäglichen Lektüre mangelhaft. Eine Lotterie, die nicht nur die eben erwähnte Familie betrifft.
Nie hätte sich die Familie erträumen lassen, dass die gewohnte Verlängerung des Abonnements diesmal die wöchentliche Teilnahme bei einer wiederkehrenden Lotterie mit sich bringt. Es wäre angemessen, wenn Vogt-Schild -als zuständiger Verlag- vor künftigen Vertagsabschlüssen die Interessierten darauf hinweisen würde, was Lotterie genau bedeutet: “Riskantes Handeln mit Inkaufnahme aller Eventualitäten” (Definition Duden). Wahlfreiheit für alle, denn: Nicht jeder Langenthaler-Tagblatt-Leser ist eine Spielernatur!
Sara Stalder
Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz