Gefährliche Chemikalien: Konsumentenschutz fordert mehr Forschung

Ob Grundwasser, Lebensmittel oder Kleidung: Immer mehr Chemikalien verschmutzen die Umwelt und schaden den Menschen. Wissenschaftler:innen nehmen an, dass dies erst die Spitze des Eisbergs ist. Der Konsumentenschutz fordert in einem offenen Brief die ETH und andere bundeseigene Forschungseinrichtungen auf, die Chemikalienbelastung und deren Auswirkungen zu erforschen. Konsumentenschutz-Stiftungsratspräsidentin Nadine Masshardt hat im Nationalrat eine Interpellation dazu eingereicht.
Der Konsumentenschutz fordert vom ETH-Bereich, der die bundeseigenen Forschungseinrichtungen wie die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ), École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), das Wasserforschungsinstitut (EAWAG) oder die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) umfasst, die Stärkung der Forschung im Bereich Chemikaliensicherheit: Ein offener Brief mit diesem Inhalt wurde gestern an den ETH-Rat, das strategische Führungs- und Aufsichtsorgan der genannten Hochschulen, versandt. Der Konsumentenschutz fordert das Schliessen von Wissenslücken und damit mehr Forschung und ein systematisches Monitoring potentiell gefährlicher Stoffe.
Studien zeigen: Die Verschmutzung mit Chemikalien ist gross
Der Grund für den Aufruf sind die vermehrten Berichte über Chemikalienverschmutzung in Konsumprodukten in der Schweiz, aber auch global. So zum Beispiel Trifluoressigsäure (TFA) im Schweizer Grundwasser, Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) in St. Galler Fleisch und Bisphenole in Unterwäsche. All diese Stoffe haben erwiesenermassen gesundheitsschädliche Auswirkungen. Sie sind jedoch weiterhin teilweise erlaubt und reichern sich in der Umwelt an – mit potentiell ernsthaften Folgen für die Menschen und die Umwelt.
PFAS, Bisphenole & Co.: nur die Spitze des Eisbergs
Aktuelle Studien zu Chemikalien in Verpackungen und Chemikalienmischungen in Menschen haben zudem gezeigt, dass Chemikalien nicht nur im Menschen nachgewiesen werden können, sondern sich die Effekte der Chemikalien in komplexen Mischungen sogar addieren. Die zum Teil gesundheitsschädlichen Fremdstoffe gelangen über Verpackungen, Arzneimittel, Haushaltsgegenstände, Pflegeprodukte oder aus anderen Quellen in den Körper und reichern sich dort an. Es ist darum bedenklich, dass wir über viele dieser Chemikalien und vor allem über deren Mischverhalten kaum etwas wissen.
Sicherheit von Chemikalien? Nicht so wichtig!
Trotz diesen alarmierenden Fakten wird die Forschung zur Chemikaliensicherheit kaum unterstützt und gefördert. So widmet sich beispielsweise keine der 43 Chemie-Professuren an der ETH Zürich explizit den schädlichen Auswirkungen von Chemikalien. Entgegen der eigenen Strategie 2021-2024 forscht die ETH also kaum mehr zur Frage, welche Stoffe längerfristig die Menschen und die Umwelt schädigen.
Auch die Politik muss Verantwortung übernehmen
Das Thema wird von der Präsidentin des Konsumentenschutzes, Nadine Masshardt, in die Politik getragen. Sie möchte in einer gestern eingereichten Interpellation vom Bundesrat wissen, was er zur Förderung der Forschung zur Chemikaliensicherheit unternehmen kann. Der Bundesrat muss bis zur nächsten Parlamentssession die Fragen beantworten.