Fairness für Konsument:innen bleibt auf der Strecke: Rechtskommission blockiert kollektiven Rechtsschutz

Die Rechtskommission des Nationalrats will keine Gruppenklagen in der Schweiz. Wie die Kommission heute mitteilt, ist sie auf einen Gesetzesentwurf (Zivilprozessordnung. Änderung) zur Stärkung des kollektiven Rechtsschutzes nicht eingetreten. Der Konsumentenschutz erachtet diesen Entscheid als verpasste Chance, um endlich einen wirksamen Schutz vor Massen- und Streuschäden zu gewährleisten. Dass Geschädigte gemeinsam klagen können, ist längst überfällig.
Wenn viele Konsumentinnen und Konsumenten von einem ähnlichen Schaden betroffen sind, haben sie oft nur wenig Interesse daran, ihren Anspruch gegenüber dem fehlbaren Unternehmen individuell geltend zu machen. Denn ein Gerichtsprozess birgt ein enormes Kostenrisiko und nimmt viel Zeit und Energie in Anspruch. So ist der Zugang zum Recht heute den vermögenden Personen und Konzernen vorbehalten.
Status quo reicht nicht aus
Gegenwärtig fehlen bei Massenschäden die rechtlichen Voraussetzungen, damit betroffene Personen gemeinsam klagen können. Entsprechende Versuche der Konsumentenschutz-Organisationen – beispielsweise die Verfahren «Dieselgate» oder gegen das Inkassounternehmen «Obligo» – sind gescheitert. Deshalb braucht es die Möglichkeit, dass gleiche Schäden gemeinsam eingeklagt werden können. Das führt zu mehr Fairness: für die Konsumentinnen und Konsumenten aber auch für die Unternehmen, die korrekt arbeiten.
Ein dem schweizerischen Gesetz angepasster Gesetzesentwurf für Gruppenklagen liegt seit über zwei Jahren vor. Nun hat die Rechtskommission des Nationalrats beschlossen, auf die Vorlage nicht einzutreten. Für den Konsumentenschutz ist klar: Dieser Entscheid muss im weiteren politischen Verlauf korrigiert werden. «Politiker:innen stecken den Kopf in den Sand, wenn sie behaupten, dass der Rechtsschutz in der Schweiz bereits heute für alle gewährleistet ist.», so Nadine Masshardt, Präsidentin des Konsumentenschutz.
Positive Beispiele im umliegenden Ausland
In den umliegenden Ländern gibt es das Rechtsinstrument der Gruppenklage seit Jahren. Dieses hat sich in den europäischen Ländern bestens bewährt. Die von Konzernen befürchteten und prophezeiten Klagewellen blieben aus, denn zu viele Verfahren sind für die klageberechtigten gemeinnützigen Organisationen aus logistischen und finanziellen Gründen nicht stemmbar.
Auch in der Schweiz müsste die unterliegende Partei nicht nur die eigenen Anwaltskosten, sondern auch die Gerichtskosten und eine Parteientschädigung bezahlen. Auch gibt es keinen Strafschadenersatz. Verbände würde also nicht auf gut Glück klagen, sondern nur in gravierenden Fällen.