Was sind Bisphenole und warum sind sie gefährlich?

Bisphenole sind in vielen Verpackungen und Konsumprodukten zu finden. Einige von ihnen, wie zum Beispiel Bisphenol A, sind erwiesenermassen giftig für uns Menschen. Erfahren Sie hier das Wichtigste zu den umstrittenen Chemikalien.
Bisphenole bezeichnet eine Gruppe chemischer Verbindungen. Diese Gruppe umfasst hunderte von Varianten, die alle als Bisphenol (BP) benannt sind, sich jedoch jeweils durch ihre Endung unterscheiden. Ein weit verbreiteter Vertreter dieser Gruppe ist Bisphenol A (BPA). Es wird vor allem in der Produktion von Kunststoffen wie Polycarbonat (PC, sehr hartes, bruchsicheres und transparentes Plastik) und Epoxidharzen, also künstlichen Harzen, die selbständig aushärten, verwendet. Andere Arten, welche vermehrt als Alternative zu BPA Verwendung finden, sind Bisphenol S (BPS), Bisphenol B (BPB) oder Bisphenol AP (BPAP).
In welchen Produkten sind Bisphenole enthalten?
Es ist sehr unklar, in welchen Produkten überall Bisphenole verwendet werden. Die Verbraucherzentrale Hamburg listet folgende zwei Hauptverwendungen auf:
- Alltagsgegenstände aus Hartplastik: Trinkbecher und -flaschen, Lebensmittelbehälter, Mikrowellengeschirr, optische Datenträger (CDs, DVDs, Blu-rays), Kunstglas, Brillengläser, Gehäuse von elektrischen Geräten (z. B. Computer, Handys, Kaffeemaschinen, Wasserkocher) und Armaturen.
- Materialien oder Gegenstände mit Epoxidharz: Innenbeschichtungen von Getränke- und Konservendosen, Weinfässer, Bodenbeläge, Klebstoffe, Lacke (als Beschichtung für Haushaltsgeräte), Verbundwerkstoffe (z. B. Surfbretter, Tennisschläger) sowie Dichtmittel in der Bauindustrie z. B. für Wasserleitungen.
Bei unabhängigen Tests wurden Bisphenole aber auch in Kinderspielzeug, Luftmatratzen, Zahnfüllungen, Karton und vielem mehr gefunden. Es ist leider nicht immer ganz klar, ob diese bewusst hinzugefügt werden oder ob sie bei der Produktion unbeabsichtigt in die Materialien gelangen.
Warum sind Bisphenole gefährlich?
Die Europäische Chemikalienagentur ECHA hat 148 Bisphenole genauer untersucht. Von diesen sollen über dreissig in der Verwendung beschränkt werden. Der Grund sind ihre potenziell gesundheitsschädlichen Auswirkungen infolge ihrer chemischen Struktur. So können Bisphenole im Körper die Wirkung von Östrogen nachahmen oder stören. Bei Kindern werden Bisphenole aufgrund dieser hormonaktiven Eigenschaft mit einer reduzierten Spermienanzahl, Impotenz, Frühreife und sogar mit Verhaltensstörungen, Depression und Angststörungen in Zusammenhang gebracht. Gleichzeitig wird angenommen, dass BPA bestimmte Immunmechanismen im Körper verändert und sich dadurch allergische Lungenentzündungen und Autoimmunerkrankungen entwickeln können. Auch bei anderen Varianten, wie beispielsweise BPS, gibt es bereits erste Hinweise auf eine gesundheitsschädigende Wirkung.
Wie nimmt man Bisphenole auf?
Die Aufnahme von Bisphenolen, unter anderem auch von BPA, kann sehr schnell und auf viele verschiedene Arten passieren:
- Berühren: Bereits das Berühren eines Produktes kann dazu führen, dass das BPA resorbiert wird (z. B. Kassenzettel, dessen Farbe mit BPA gedruckt wurde).
- Einatmen: Über Staub können Bisphenole eingeatmet werden und chronische Atemwegserkrankungen wie z. B. Asthma verursachen.
- Über die Nahrung: Der Hauptteil der Aufnahme von Bisphenolen findet über die Nahrung und Getränke statt. Beispielsweise durch das Trinken aus Plastikflaschen, das Essen aus Plastikbehältern und Konservendosen oder auch das Verwenden von Nahrungsmitteln, welche in Plastik verpackt sind.
- Spielzeug: Kinder nehmen Bisphenole am häufigsten über Plastikspielzeuge auf, die sie in den Mund nehmen. Die Europäische Konsumentenorganisation BEUC hat in über 60% von 121 Plastikspielzeugen Bisphenole gefunden. In der Schweiz hat die Universität Lausanne zusammen mit dem Westschweizer Konsumentenschutz FRC die Chemikalie in 46 von 100 Spielzeugen gefunden.
Was können Sie unternehmen?
Aufgrund der schieren Anzahl an Produkten, welche Bisphenole enthalten, ist es schwierig, deren Einnahme zu kontrollieren oder zu verringern. Mit folgenden Vorkehrungen können Sie das Risiko jedoch reduzieren:
- Kaufen Sie möglichst unverpackte Lebensmittel und essen Sie so viele frisch zubereitete Lebensmittel wie möglich. Limitieren Sie Ihren Konsum von «Fast Food», verpackten Fertiggerichten und Tiefkühlkost.
- Essen Sie so wenig Konservennahrung wie möglich. Verzichten Sie auf Konservendosen und trinken Sie aus Glasflaschen oder BPA-freien Trinkflaschen statt aus Plastikflaschen.
- Verzichten Sie auf (weisse) Kassenzettel (in blauen Kassenzetteln ist weder BPA noch BPS enthalten).
- Verwenden Sie möglichst wenig Plastikbehälter, um Ihre Lebensmittel zu lagern.
- Achten Sie auf gekennzeichnete Plastikgegenstände: Produkte aus Polycarbonat (PC) sind normalerweise mit einem in Form eines Dreiecks eingeprägten Zeichen «7 PC» markiert – diese sollten Sie meiden.
- Achten Sie beim Kauf von Kunststoffbehältern, -flaschen und -geschirr auf Hinweise wie «BPA-frei» oder «BPA-free».
Sind Bisphenole verboten?
Für bestimmte Produkte ist die Verwendung von Bisphenolen oder deren Substituten verboten worden:
- Seit Mitte Dezember 2020 ist die Verwendung von BPA und BPS in Thermopapieren (also z. B. in Kassenzetteln) beschränkt; das Verbot wurde aber noch nicht zufriedenstellend umgesetzt.
- Seit 2018 ist die Verwendung von BPA für die Herstellung von Polycarbonat-Babyflaschen verboten. Substitute wie z. B. BPS dürfen jedoch weiterhin eingesetzt werden. Für Produkte, die von Erwachsenen verwendet werden, besteht ein solches Verbot nicht.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (efsa) hat im April 2023 den Grenzwert für die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) von BPA drastisch gesenkt: von 4 Mikrogramm auf nur noch 0,2 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag – also etwa 20.000-mal niedriger.
Was macht die Politik?
Bisphenole sind in den letzten Jahren aufgrund ihrer möglichen gesundheitsschädlichen Wirkung auch in der Schweiz vermehrt in den Fokus der Politik gerückt.
Die Europäische Chemikalienagentur ECHA hat 2023 festgestellt, dass 34 Bisphenole im Rahmen der EU-Chemikalienverordnung REACH möglicherweise eingeschränkt werden müssen. Die EU-Staaten haben im Juni 2024 für ein Verbot des Weichmachers BPA in Lebensmittelkontaktmaterialien gestimmt. Ein generelles Verbot wird jedoch nicht angestrebt.
In der Schweiz steht ein mögliches BPA-Verbot momentan nicht zur Diskussion: Die Bundesbehörden verfolgen den Rechtsetzungsprozess in der EU und werden zu gegebener Zeit auf der Basis einer definitiven Regelung in der EU eine analoge Regelung im Schweizer Chemikalienrecht prüfen.
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